Folge 11: Mädchenschule – Pascale Hugues entwirft das Porträt einer Frauengruppe und einer Generation ohne Label

Deutsch Français
Deutsch Français
Folge 11: Mädchenschule - Pascale Hugues entwirft das Porträt einer Frauengruppe und einer Generation ohne Label
/

Mädchenschule – Pascale Hugues entwirft das Porträt einer Fraunegruppe und einer Generation ohne Label

Es gibt Menschen, die verlassen ihren Geburtsort und denken im Leben nicht daran, an ihn zurückzukehren – obwohl sie ihn gern besuchen und es sogar geschafft haben, ein paar alte Bindungen zu erhalten und neue zu knüpfen. Einmal fort, um von Anderen zu lernen, den Blick auf die Verhältnisse und sich selbst zu schärfen, gibt es nur das Weiterziehen. Pascale Hugues hat sich Anfang der 1980er Jahre von Straßburg nach London aufgemacht und von dort führte der Weg nach Bonn und Berlin: als Korrespondentin für französische Nachrichtenmagazine, Kolumnistin des Berliner Tagesspiegel und Buchautorin. Für ihr Buch Ruhige Straße in guter Wohnlage erhielt sie den Europäischen Buchpreis und den Prix Simone Veil. Präzise beobachtet sie das Alltagsverhalten der Deutschen und reflektiert die Mentalitätsunterschiede zwischen Franzosen und Deutschen. Engagiert berührt sie wunde Punkte in der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die wechselvolle Geschichte des Elsass und den prekären Status der einst deutschen Elsässer – in ihrem biographischen Buch Marthe und Mathilde beschrieben – gehört dazu.

Dass bei ihren Umzügen Sachen verloren gingen, war für Pascale Hugues nie ein Drama. Zwei Dinge aber hat sie gehütet: ein Album mit Fotos aus ihrer Grundschulzeit und ein 1969 angelegtes Poesiealbum. Sie boten Stoff für ihr neues Buch Mädchenschule. Zwölf ehemalige Mitschülerinnen der laizistischen Sainte Madeleine-Schule im Krutenau-Viertel von Straßburg hat Pascale Hugues ausfindig gemacht, um zu erfahren, was aus den Mädchen geworden ist, die erzieherische Verse wie diese in ihr Album schrieben:

Sei wie das Veilchen im Moose / sittsam, bescheiden und rein / und nicht wie die stolze Rose / die immer bewundert will sein

Oder: Eines Tages wirst du vor zwei Wegen stehen / Der eine mit weichem Sand bedeckt / Der andere mit harten Steinen / Nimm den weniger schönen, denn / Er führt dich zum Glück

Empathisch und mit feiner Ironie zeichnet Pascale Hugues in Mädchenschule das Porträt einer Generation von Frauen, die schon nicht mehr als Kinder der Nachkriegszeit aufwuchsen, aber zu spät geboren waren, um zu verstehen, was der 68er-Aufbruch im Leben der etwas Älteren auslöste. Ihre „unförmige, demographische Kohorte“ pinselte selbstquälerische Ermahnungen ins Poesiealbum und war in der Regel früh gezwungen, Geld zu verdienen und sich eine Bildungskarriere aus dem Kopf zu schlagen. Dass diese „konturlose Generation“ der um 1959 Geborenen dennoch im Kleinen etwas geleistet hat, versteht man beim Lesen dieses Buches. Pascale Hugues ist eine beeindruckende Gratwanderung gelungen: Ihr Gruppenbild wird von Zuneigung und Loyalität getragen und verdeckt doch die alten und heutigen Unterschiede zwischen den ehemaligen Mitschülerinnen nicht. Der wiederbelebten Freundschaft tut all das keinen Abbruch.

 

Bücher von Pascale Hugues:

Mädchenschule. Porträt einer Frauengeneration. Aus dem Französischen von Lis Künzli. Rowohlt, Reinbek (14.09.2021)

Deutschland à la française. Deutsch von Elisabeth Thielicke Rowohlt, Reinbek 2017

Ruhige Straße in guter Wohnlage – Die Geschichte meiner Nachbarn. Deutsch von Lis Künzli.  Rowohlt, 2015

In den Vorgärten blüht Voltaire: Eine Liebeserklärung an meine Adoptivheimat. Aus dem Französischen von Elisabeth Thielicke und Jens Mühling. Rowohlt, Reinbek 2010

Marthe und Mathilde, Eine Familie zwischen Frankreich und Deutschland. Deutsch von Lis Künzli.  Rowohlt, Reinbek 2008

Deutsches Glück – Le bonheur allemand. Reportagen. Deutsch von Anja Nattefort. DVA, Frankfurt/M. 1999 

 

Coup de cœur:

Barbara Honigmann: Unverschämt jüdisch. 160 Seiten. Carl Hanser Verlag, München, August 2021

 






Épisode 11: L’école des filles – Pascale Hugues dresse le portrait d’un groupe de femmes et d’une génération sans étiquette

version français
version français
Épisode 11: L'école des filles - Pascale Hugues dresse le portrait d’un groupe de femmes et d'une génération sans étiquette
/

L’école des filles – Pascale Hugues dresse le portrait d’un groupe de femmes et d’une génération sans étiquette

Il y a des gens qui quittent leur pays natal et ne veulent plus jamais retourner y vivre, même s‘ils continuent de s‘y rendre souvent et de garder leurs amis ou de s‘en faire de nouveaux.

Une fois partis pour apprendre au contact d‘autres personnes, pour aiguiser leur vision des choses et leur manière de s‘appréhender eux-mêmes, ils restent à l‘étranger. Pascale Hugues a quitté Strasbourg pour Londres au début des années 80 et est ensuite allée à Bonn puis à Berlin. Elle était alors la correspondante de Libération, avant de devenir celle du Point et de travailler pour le quotidien berlinois Tagesspiegel. Elle est autrice de plusieurs ouvrages. Pour son livre La robe de Hannah, elle a reçu le Prix européen du livre et le Prix Simone Veil. Elle observe avec acuité le comportement des Allemands et analyse les différences de mentalités entre les Allemands et les Français. Elle attire l‘attention sur les points sensibles de l‘histoire du 20ème siècle. Telle l’histoire mouvementée de l‘Alsace et le statut précaire des Alsaciens allemands, sur lesquels elle s‘est penchée dans son livre Marthe et Mathilde.

Lors de ses déménagements, Pascale Hugues s‘est débarrassée de nombreux objets et cela n‘a jamais été un problème pour elle. Mais il y a deux choses qu‘elle a toujours précieusement gardées: un album de photos de ses années de primaire et un „album de poésie“ – un recueil de messages en vers que ses camarades de classe lui ont écrits en 1969. Ces deux objets ont servi de point de départ pour le nouveau livre de Pascale Hugues, L‘école des filles. Elle est partie à la recherche de ses anciennes camarades de classe de l‘école des filles Sainte-Madeleine du quartier de Krutenau à Strasbourg et a rencontré douze d‘entre elles. Elle voulait savoir ce qu‘elles étaient devenues, elles qui lui avaient écrit des vers chargés d‘injonctions telles que:

Sois la violette dans la mousse / Humble, pudique, immaculée / Et non pas la rose qui pousse / Seulement pour être admirée

Ou encore: Un jour tu trouveras deux chemins / L‘un sera recouvert de sable fin / L‘autre de pierres et de cailloux durs / Prends le moins beau, car / Il te conduira au Bonheur

Pascale Hugues dresse avec empathie et une subtile ironie le portrait d‘une génération de femmes qui n‘étaient pas les enfants du direct après-guerre et qui étaient „nées trop tard“ pour comprendre ce que la césure de mai ‘68 avait provoqué dans la vie de leurs aînés. Leur „cohorte démographique informe“ écrivait des vers aux accents masochistes dans l‘album de poésie, puis a été contrainte de travailler jeune pour gagner de quoi vivre et a dû renoncer à faire des études secondaires.

On comprend à la lecture de ce livre que cette génération „sans contours“ née en 1959 a néanmoins fait ses preuves. Pascale Hugues a réussi un coup de maître: son portrait de groupe est chargé d‘affection et de loyalité pour ces femmes sans pour autant masquer les différences qui existaient en continuent d’exister entre les anciennes camarades de classe. Et cela ne nuit en aucun cas à leur amitié, qui, après tant d‘années, a connu une belle renaissance.

 

Livres de Pascale Hugues:

L’école des filles, Les arènes, 2021, Paris

Was ist das? Chroniques d‘une Française à Berlin, Les arènes, Paris 2017

La robe de Hannah, Berlin 2014, Les arènes, Paris 2014

Marthe et Mathilde, l‘histoire vraie d‘une incroyable amitié, 1902-2001, Les arènes, Paris 2009

Le bonheur allemand, Éditions du Seuil, Paris 1998

 

Coup de cœur:

Barbara Honigmann: Unverschämt jüdisch. Carl Hanser Verlag, München, August 2021

Folge 10: Zwischen den Welten – Begegnungen mit der Schriftstellerin Cécile Wajsbrot und der Übersetzerin Karin Uttendörfer

Deutsch Français
Deutsch Français
Folge 10: Zwischen den Welten - Begegnungen mit der Schriftstellerin Cécile Wajsbrot und der Übersetzerin Karin Uttendörfer
/

Zwischen den Welten – Begegnungen mit der Schriftstellerin Cécile Wajsbrot und der Übersetzerin Karin Uttendörfer

 

Ein Dokumentarfilm, der vom Leben in Tschernobyl vor der Reaktorkatastrophe und der Renaturierung der menschenleeren, „verbotenen Zone“ handelte, sprach die Schriftstellerin Cécile Wajsbrot direkt an. Beim Anblick der (immer noch kontaminierten) Kornfelder, Bäche und Wiesen rezitierte sie innerlich Sätze aus Virginia Woolfes To the Lighthouse. Woolfes Roman erzählt vom Zerfall eines Hauses, das unweigerlich von der Natur überwuchert wird. Für Menschen ist darin kein Platz mehr. Langsam nahm der Gedanke Form an, einen Roman zu schreiben, in dem sich Reflexionen über von der Natur verwandelte urbane Räume mit der subtilen Arbeit des Übersetzens eben jenes ästhetisch hoch anspruchsvollen Romans von Virginia Woolfe verweben.

Im Zentrum von Cécile Wajsbrots neuer Prosa Nevermore steht eine Übersetzerin. Sie ist die Ich-Erzählerin. Zuhause ist sie in Paris. Um den englischen Text ins Französische zu übertragen, geht sie aber nach Dresden. Sie glaubt, dass die „einst vom Krieg verwüstete Stadt“ der richtige Ort ist, um über „die Verwüstungen der Zeit“ nachzudenken. Sie möchte das Gefühl von Fremdheit auskosten, ins Zwiegespräch kommen mit ihren inneren Geistern und den plötzlich aufscheinenden Schatten vertrauter Verstorbener erhaschen.

Nevermore spielt subtil auf Edgar Allan Poes Gedicht The Raven an. Nein, die Toten lassen sich nicht zum Leben erwecken. Und ja, „auch der Tod muss seine Arbeit verrichten dürfen und sich vom Leben entfernen“. Es ist ganz wunderbar, wie Cécile Wajsbrot für jedes ihrer Bücher einen neuen Ton und eine spezielle Struktur findet. Seit Jahren wird immer offensichtlicher, welche Rolle die Musik für ihr Schreiben spielt – und wie gut es ihr gelingt, Texte zu komponieren, in denen Stimmen einander überlagern. Sie sind wie Partituren verfasst.

Die in Frankreich lebende Schriftstellerin und Übersetzerin Anne Weber hat – nun schon zum zweiten Mal – einen Roman von Cécile Wajsbrot ins Französische übersetzt. Kongenial.

Die literarische Übersetzerin Karin Uttendörfer „fremdelt“ mit dem Begriff der Kongenialität. Im September 2021 hat sie, zusammen mit der franko-japanischen Lyriker und Autorin Ryoko Sekiguchi, in Tübingen den neu gestifteten Prix Premiere erhalten: für Nagori. Die Sehnsucht nach der von uns gegangenen Jahreszeit. Der Preis geht an Autor:innen, von denen zum ersten Mal ein Buch ins Deutsche übersetzt worden ist, und zugleich werden auch die Übersetzer:innen geehrt.

In unserer Folge schildert Karin Uttendörfer das hochkomplexe Konzept, für das das japanische Wort Nagori steht und sie beschreibt, wie ihre sinnliche Wahrnehmung sich während des Übersetzungsprozesses verfeinerte und sie noch achtsamer zu leben begann. „Nagori steht vor allem für die spürbare Präsenz einer Sache oder Person, insbesondere einer Jahreszeit, die schon vergangen oder gerade am Verschwinden ist. Und diesem Verschwinden wohnt immer schon die Sehnsucht nach Wiederkehr und damit die Hoffnung auf einen Neubeginn inne. Weiter gefasst bezeichnet es das, was zurückbleibt.“ Ein Kind hat seine Eltern verloren, aber sie werden von all jenen erinnert, die sie zu Lebzeiten gekannt haben. Am Ende einer Saison bleiben stets ein paar Früchte oder vereinzelte Blüten an den Ästen der Bäume hängen. Nagori „evoziert immer auch einen Abschiedsschmerz“.

 

Kleine Auswahl aus dem Oeuvre von Cécile Wajsbrot:

Nevermore. Roman. Übersetzt von Anne Weber. Wallstein Verlag, Göttingen, Juli 2021

Zerstörung. Übersetzt von Anne Weber. Wallstein Verlag, Göttingen, 2020

Totale éclipse, Übersetzt von Nathalie Mälzer. Matthes & Seitz, Berlin 2016

Aus der Nacht, Übersetzt von Holger Fock und Sabine Müller. Liebeskind, München 2008

Mann und Frau den Mond betrachtend. Übersetzt von Holger Fock und Sabine Müller. Liebeskind, München 2002

 

Ryoko Sekiguchi:Nagori. Die Sehnsucht nach der von uns gegangenen Jahreszeit. Übersetzt von Karin Uttendörfer. Matthes & Seitz, Berlin, 2020

 

Hinweis: Claudia Andujar, La Lutte Yanomami/ Der Überlebenskampf der Yanomami, ab 23.10.21- 13.02.22 im Fotomuseum Winterthur

 

Der Prix Premiere wird vom Deutsch-Französischen Kulturinstitut Tübingen, dem Bureau du livre des Institut français Deutschland und dem Verein der Freunde des Instituts Tübingen gestiftet. Er ist mit 1000 € pro Person dotiert.

Aktuelle Shortlist für den Prix Premiere 2022:

Antoine Wauters: Denk an die Steine unter deinen Füßen. Roman. Übersetzt von Paul Sourzac. Secession Verlag, September 2021

Julia Kerninon: Du wirst es niemals sagen. Übersetzt von Hanna van Laak. Karl Blessing Verlag, Mai 2021

Pascal Janovjak: Der Zoo in Rom. Übersetzt von Lydia Dimitrow. Lenos Verlag, April 2021

 

 

 

 

 

Épisode 10: Entre les mondes- rencontres avec l’écrivaine Cécile Wajsbrot et la traductrice Karin Uttendörfer

version français
version français
Épisode 10: Entre les mondes- rencontres avec l'écrivaine Cécile Wajsbrot et la traductrice Karin Uttendörfer
/

Entre les mondes – Rencontres avec l‘écrivaine Cécile Wajsbrot et la traductrice Karin Uttendörfer

Cécile Wajsbrot nous a dit avoir été intriguée par un film documentaire sur la vie à Tschernobyl avant la catastrophe nucléaire et sur la renaturation de la zone interdite privée de ses anciens habitants. En regardant les champs de blé – qui sont toujours contaminés -, les rivières et les prairies, elle se récitait intérieurement des phrases du texte de Virginia Woolf To the lighthouse. Le roman de Woolfe raconte la dégradation d‘une maison envahie inéluctablement par la végétation et dans laquelle les humains n’ont plus leur place.

Lentement, l‘idée d‘écrire un roman a pris forme – un roman qui mêlerait une réflexion sur les modifications que la nature apporte aux espaces urbains et un travail subtil de traduction de ce roman esthétiquement si ambitieux de Virginia Woolfe.

Le personnage principal de Nevermore, le nouveau roman de Cécile Wajsbrot, est une traductrice. Elle en est la narratrice,  est originaire de Paris mais pour traduire le texte anglais de Woolfe, elle a décidé d‘aller à Dresde. Elle pense que la ville, autrefois dévastée par la guerre, est l‘endroit idéal pour réfléchir aux „dévastations du temps“. Elle aimerait savourer ce sentiment d‘être étrangère et saisir les ombres de proches disparus qui semblent soudain lui apparaître.

Le titre Nevermore est une allusion au poème d‘Edgar Allan Poe The Raven. Non, les morts ne reviennent pas à la vie. Et oui, „même la mort a un travail à accomplir en éloignant les morts des vivants“. Dans chacun de ses livres, Çécile Wajsbrot trouve un ton différent et construit une structure nouvelle pour notre plus grand plaisir. Depuis des années, on constate que la musique joue un rôle grandissant dans son écriture et qu’elle compose subtilement des textes dans lequel diverses strates se superposent, telles des partitions de musique.

 

Anne Weber est une écrivaine et traductrice allemande qui vit en France. Elle a pour la deuxième fois un roman de Cécile Wajsbrot. Et l‘a fait de manière extraordinaire,

La traductrice littéraire Karin Uttendörfer quant à elle, a reçu avec Ryoko Sekiguchi le tout nouveau Prix Première qui leur a été remis en septembre dernier à Tübingen pour le livre Nagori, la nostalgie de la saison qui vient de nous quitter. Ryoko Sekiguchi est une autrice franco-japonaise qui publie également des poèmes.

Le Prix Première est attribué à des auteurs et autrices dont un livre est traduit pour la première fois en Allemand – et aux traducteurs et traductrices dont émane la traduction.

Dans notre épisode, Karin Uttendörfer nous parle du concept japonais de „Nagori“ et elle nous décrit la façon dont ses perceptions sensorielles se sont affinées pendant le travail de traduction de ce roman et comment elle s‘est alors mise à vivre de manière plus consciente. „Nagori“ signifie surtout la présence sensible d‘un objet ou d‘une personne, et plus particulièrement d‘une saison qui est déjà passée ou qui vient de s‘achever. “C‘est un moment dans lequel se trouvent la nostalgie du retour de la saison et, de ce fait, aussi l‘espoir d‘une renaissance. On pourrait dire, de manière générale, que ce concept se rapporte à tout ce qui reste”.

Un enfant a perdu ses parents mais ceux-ci sont présents dans les récits de tous ceux qui les ont connus. À la fin d‘une saison, il reste par endroits des fleurs solitaires ou des fruits qui pendant aux arbres nus. “Nagori veut aussi toujours parler de la douleur des adieux.“

 

Petite liste – non exhaustive – des livres de Cécile Wajsbrot:

Nevermore, Le Bruit du temps, Paris 2021

Destruction, Le Bruit du temps, 2019

Mémorial, 2005, nouvelle edition, Le Bruit du temps, Paris 2019

Totale éclipse, Christian Bourgeois Éditeur, Paris 2014

Fugue, Éditions Estuaire, 2005

Caspar-Friedrich-Strasse, Zulma, Paris 2002

 

Ryoko Sekiguchi: Nagori. La nostalgie de la saison qui vient de nous quitter. P.O.L., Paris 2018

À découvrir: Claudia Andujar, La Lutte Yanomami/ Der Überlebenskampf der Yanomami, exposition au musée de la photographie à Winterthur du 23.10.21- 13.02.22

 

Le Prix Première a été instauré par l’Institut Culturel franco-allemand de Tübingen, le Bureau du Livre de l’Institut Français en Allemagne et l’Association des Amis de l’Institut de Tübingen. Il est doté à hauteur de 1.000 Euro par personne primée.

Sont en lice pour l‘édition 2022 les trois textes suivants:

Antoine Wauters: Penses aux pierres sous tes pas, Verdier, Paris 2018

Julia Kerninon: Liv Maria, L’Iconoclaste, Paris 2020

Pascal Janovjak: Le zoo de Rome. Actes Sud, 2019

Folge 09: Hab keine Angst, erzähl alles! Esther Dischereit über das Attentat von Halle und die Stimmen der Überlebenden

Deutsch Français
Deutsch Français
Folge 09: Hab keine Angst, erzähl alles! Esther Dischereit über das Attentat von Halle und die Stimmen der Überlebenden
/

Hab keine Angst, erzähl alles! Esther Dischereit über das Attentat von Halle und die Stimmen der Überlebenden

Esther Dischereit schreibt Lyrik und Prosa, Essays und Hörstücke. Sie arbeitete mit Tänzer*innen und Musiker*innen, hat Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst in Wien gelehrt und in den letzten zwei Jahrzehnten immer wieder Poetik-Vorlesungen und Seminare an US-amerikanischen Hochschulen gegeben. Ihre Stimme – nicht nur als Autorin der zweiten Generation nach der Shoa – ist unverzichtbar.

Esther Dischereit kultiviert, wie Aleida Assmann, Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels, im Nachwort zum Buch Mama, darf ich das Deutschlandlied singen festhält, ein „Langzeitgedächtnis für die Mutigen und Einsatzbereiten“. Wie entschieden die Autorin sich in politische Angelegenheiten einmischt und wie viel ihr daran liegt, demokratische und solidarische Prozesse voran zu bringen, zeigt sich auch in der Beharrlichkeit, mit der sie den 2013 begonnenen NSU-Prozess verfolgt hat. In ihrem Buch Blumen für Otello – es ist eine Sammlung von Klageliedern, die 2014 in einer deutsch-türkischen Ausgabe erschienen sind – spürt sie die Lücken auf, die im Leben von Angehörigen der Mordopfer des NSU klaffen. Esther will verstehen. Sie will wissen, warum Verbrechen begangen wurden und woran es mangelt, dass eine vollständige Aufklärung nicht gelingt.

Am 9. Oktober 2019 – an Yom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag – scheiterte ein junger Mann daran, die Synagoge in Halle zu stürmen und alle darin im Gebet versammelten Juden und Jüdinnen zu töten. Er erschoss eine Frau auf offener Straße und einen jungen Mann in einem Döner-Imbiss. Auf der Flucht verletzte er ein Paar schwer. In der Synagoge befanden sich mehrere Gläubige, deren Muttersprache Englisch ist. Weil die Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Halle Deutsch und Russisch sprechen, ahnte Esther Dischereit, dass die Betroffenen Hilfe bräuchten, um eine angemessene soziale Betreuung und eine Rechtsvertretung zu finden. Sie fuhr nach Halle. Später beobachtete sie den in Magdeburg geführten Prozess, sprach mit Überlebenden, mit den Anwälten der Nebenkläger, und Einzelpersonen, die vor dem Gericht Solidarität mit den Angegriffenen demonstrierten.

So entstand das Buch Hab keine Angst, erzähl alles! Es ist ein wertvolles Dokument, in dem die Stimmen der Überlebenden der Attentate, Gerichtsprotokolle, Reden der Anwälte, Interviews und Porträts einzelner Nebenkläger abgedruckt sind. Und es legt den Finger auf wunde Punkte wie das von Zeugen beklagte fehlende polizeiliche Engagement und das Einstellen von Ermittlungen durch das BKA. In der jüdischen Tradition, sagt Esther Dischereit, müsse dokumentiert werden. Es wurden Zeugnisse in der Erde vergraben, ohne dass man gewusst habe, wer wann diese Papiere finden und lesen werde. Sie fühlt sich in dieser Tradition stehend und nimmt die „Verpflichtung“ an: „Was geschehen ist, muss beschrieben werden um seiner selbst willen. Das Dokument muss da sein, weil erinnert werden muss.“

Erzähl alles! Die in New York lebende Großmutter der Rabbinerin Rebecca Blady beauftragte die Enkelin ausdrücklich, vor Gericht ohne Angst zu sprechen. Sie hatte seinerzeit keine Möglichkeit gehabt, vor einem deutschen oder einem internationalen Gericht anzuklagen, was ihr im Konzentrationslager geschehen war. Es berührt, wie die Enkelin im Prozess an das Leid ihrer verschwiegenen Großmutter erinnert, und ihre Worte machen deutlich, wie notwendig es ist, rechtsextremistischen, reuelosen Mördern und ihren Netzen heute zu begegnen.

Esther Dischereit: Hab keine Angst, erzähl alles! Das Attentat von Halle und die Stimmen der Überlebenden. Herder Verlag, Freiburg, 28.09.2021

Mama, darf ich das Deutschlandlied singen. Politische Texte. Mandelbaum Verlag, Wien-Berlin, 2020

Sometimes a Single Leaf. Ausgewählte Gedichte / Selected Poems Translated & introduced by Iain Galbraith. Arc Publications, Todmorden, UK, 2020

2021/22 werden die Gedichte auch auf Spanisch erscheinen.

Eine Auswahl weiterer Publikationen (Prosa, Gedichte, Essays, Herausgaben) von Esther Dischereit:

Garz Literarische Feldforschung. Ein Dorf in Sachsen-Anhalt, Deutschland. Studierende des Instituts für Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst, Wien, Mitteldeutscher Verlag, Halle, 2017

Großgesichtiges Kind / The Child With The Big Face, ins Englische übertragen von Iain Galbraith. Walter de Gruyter, Edition: ‚angewandte, Berlin/ München/ Boston 2015

„Die Mauern waren dick hier.“ Partikel vom Großgesichtigen Kind. Komposition und Gitarre: Frank Wingold, SWR Tandem Esther Dischereit und Marcus Meyer, 2. Juni 2015

Blumen für Otello. Über die Verbrechen von Jena. Klagelieder // Otello için Çiçekler. Jena Cinayetlerine Dair. Ağitlar, in deutscher und türkischer Sprache. Aus dem Deutschen übersetzt ins Türkische von Saliha Yeniyol. s.edition im Secession Verlag für Literatur, Zürich 2014. Das Buch wird 2022 bei Seagull Books auf Englisch erscheinen.

Blumen für Otello; Regie: Guiseppe Maio, Musik: Lutz Glandien, DeutschlandRadio Kultur 2014

Vor den Hohen Feiertagen gab es ein Flüstern und Rascheln im Haus.//Before the Holy Days the House Was Full of Whisperings an Rustlings. Dülmen Eichengrünplatz. Gedichte. AvivA, Berlin, 2009

Der Morgen an dem der Zeitungsträger. Erzählungen, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2007,

Joëmis Tisch. Eine jüdische Geschichte, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1988

Esther Dischereit hat für uns die Gedichte 1866 Gasthaus zum Lamm und Die Gewesenen aus dem zweisprachigen Band Sometimes a Single Leaf gelesen.

Épisode 09: N’aie pas peur, raconte tout! Esther Dischereit nous parle de l’attentat de Halle et de ses survivants

version français
version français
Épisode 09: N’aie pas peur, raconte tout! Esther Dischereit nous parle de l’attentat de Halle et de ses survivants
/

N’aie pas peur, raconte tout! Esther Dischereit nous parle de l’attentat de Halle et de ses survivants.

Esther Dischereit est écrivaine, poète, essayiste et autrice pour la radio. Elle a travaillé avec des danseurs et des musiciennes, a enseigné l’art oratoire à l’université des Arts appliqués de Vienne et est régulièrement professeure invitée de poésie dans diverses universités américaines. Sa parole compte dans le paysage intellectuel allemand – et ce non seulement qu’autrice de la deuxième génération après l’Holocauste. 

Tout comme l’écrit Aleida Assmann – qui a reçu le Prix de la Paix Du Marché du livre allemand – dans la postface du livre Mama, kann ich das Deutschlandlied singen (Maman, est-ce que je peux chanter le chant de l’Allemagne“), Esther Dischereit cultive „la mémoire à long terme des courageux et des engagés“. Elle a suivi avec assiduité le procès contre les membres du N.S.U. (National-Socialisme clandestin) qui a commencé en 2013, n’a de cesse de participer à la vie politique et d’œuvrer à faire avancer la démocratie et la solidarité au sein de la société. Dans son livre Des fleurs pour Otello – il s’agit d’une longue complainte parue dans une édition bilingue en allemand et en turc en 2014 -, elle retrace comment les vies des familles des victimes du N.S.U. ont été brisées. Elle cherche à comprendre comment ces crimes ont été possibles et pourquoi on a empêché si longtemps leur élucidation.

Le 9 octobre 2019, on fêtait Yom Kippour qui est la fête la plus importante dans la religion juive, un jeune homme armé a tenté d’entrer dans la synagogue de Halle pour y tuer les Juifs qui s’étaient rassemblés pour prier. Il a fusillé une femme dans la rue ainsi qu’un jeune homme dans un restaurant de kebabs. Dans sa fuite, il a grièvement blessé un couple. Parmi les gens réunis dans la synagogue, certains étaient anglophones, d’autres germanophones ou russophones. Quand elle a appris ce qui s’était passé, Esther Dischereit s’est dit que les victimes de la tentative de meurtre auraient certainement besoin d’aide – en premier lieu pour communiquer entre elles. Et dans un second temps pour trouver une aide sociale et juridique. Elle s’est aussitôt rendue à Halle. Lorsqu’en 2020, le procès contre le terroriste de Halle a eu lieu à Magdebourg, elle a assisté aux séances et parlé avec les survivants, les avocats des parties civiles et diverses personnes qui souhaitaient exprimer leur solidarité aux victimes devant le tribunal.

C’est ainsi qu’est née l’idée de rassembler ces témoignages dans le livre N’aie pas peur, raconte tout!. Ce recueil est un document précieux car il réunit les voix des survivants de l’attentat, les plaidoyers des avocats, des protocoles des séances, des interviews et des portraits de certaines des parties civiles. Il montre les failles du dossier, à savoir le manque d’engagement de la part de la police pendant l’attentat même et l’abandon des poursuites d’éventuels complices du terroriste par la police criminelle fédérale allemande. 

Esther Dischereit nous a dit que, dans la tradition juive, il il fallait impérativement tout documenter – les persécutions aussi. Par le passé, des Juifs ont enfoui des papiers dans la terre pour documenter ce qui leur arrivait sans savoir si on lirait ceux-ci un jour. Elle se sent faire partie de cette tradition et a fait sienne cette obligation: „Ce qui s’est produit doit être documenté en tant que tel. Il faut qu’il y ait un document, afin qu’on puisse se souvenir.“

„Raconte tout!“. C’est la grand-mère de la femme rabbin Rebecca Blady qui a encouragé sa petite-fille à parler sans crainte devant le tribunal. La vieille dame est âgée de plus de 90 ans, elle vit à New York maintenant et elle est une survivante de l’Holocauste. Jamais elle n’a eu la possibilité de porter plainte pour ce qui lui est arrivé en camp de concentration auprès d‘un tribunal allemand ou international. Dans un passage bouleversant, Rebecca Blady le fait à sa place pendant le procès, elle parle des souffrances de sa grand-mère. Ses paroles nous montrent combien il est important de lutter, aujourd’hui encore, contre les terroristes d’extrême-droite impénitents comme celui de Halle et contre leurs réseaux.

Le recueil bilingue anglais-allemand de poèmes d’Esther Dischereit Sometimes a Single Leaf (Parfois une simple feuille) est paru en 2020. Clarisse a traduit et lu les poèmes: „1866, à l’auberge du mouton“ et „Ceux qui furent“ pour notre podcast.

 

Esther Dischereit: Hab keine Angst, erzähl alles! Das Attentat von Halle und die Stimmen der Überlebenden. Le recueil sortira le 28.09.2021 aux éditions Herder, Fribourg.

Mama, darf ich das Deutschlandlied singen. Politische Texte. Mandelbaum Verlag, Wien-Berlin, 2020

Sometimes a Single Leaf. Ausgewählte Gedichte / Selected Poems Translated & introduced by Iain Galbraith. Arc Publications, Todmorden, UK, 2020

2021/22 werden die Gedichte auch auf Spanisch erscheinen.

Garz Literarische Feldforschung. Ein Dorf in Sachsen-Anhalt, Deutschland. Studierende des Instituts für Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst, Wien, Mitteldeutscher Verlag, Halle, 2017

Großgesichtiges Kind / The Child With The Big Face, ins Englische übertragen von Iain Galbraith. Walter de Gruyter, Edition: ‚angewandte, Berlin/ München/ Boston 2015

„Die Mauern waren dick hier.“ Partikel vom Großgesichtigen Kind. Komposition und Gitarre: Frank Wingold, SWR Tandem Esther Dischereit und Marcus Meyer, 2. Juni 2015

Blumen für Otello. Über die Verbrechen von Jena. Klagelieder // Otello için Çiçekler. Jena Cinayetlerine Dair. Ağitlar, in deutscher und türkischer Sprache. Aus dem Deutschen übersetzt ins Türkische von Saliha Yeniyol. s.edition im Secession Verlag für Literatur, Zürich 2014. Das Buch wird 2022 bei Seagull Books auf Englisch erscheinen.

Blumen für Otello; Regie: Guiseppe Maio, Musik: Lutz Glandien, DeutschlandRadio Kultur 2014

Vor den Hohen Feiertagen gab es ein Flüstern und Rascheln im Haus.//Before the Holy Days the House Was Full of Whisperings an Rustlings. Dülmen Eichengrünplatz. Gedichte. AvivA, Berlin, 2009

Der Morgen an dem der Zeitungsträger. Erzählungen, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2007,

Joëmis Tisch. Eine jüdische Geschichte, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1988

Folge 08: Nachsalzen, natürlich! Günter Grass‘ Küche, Der Butt und unveröffentlichte Prosa von Carmen Francesca Banciu

Deutsch Français
Deutsch Français
Folge 08: Nachsalzen, natürlich! Günter Grass‘ Küche, Der Butt und unveröffentlichte Prosa von Carmen Francesca Banciu
/

Nachsalzen, natürlich!

Günter Grass‘ Küche, Der Butt und unveröffentlichte Prosa von Carmen Francesca Banciu

Carmen Francesca Banciu hat Bukarest vor 30 Jahren verlassen und Berlin „zu ihrem Paris“ gemacht. Kunstvoll fremdet sie die deutsche Sprache in ihren Romanen, Prosaminiaturen, Gedichten und Essays um. Es ist faszinierend, mitzuvollziehen, wie sich ein Gedanke oder eine sinnliche Wahrnehmung aus einem kleinen, von ihr genau beobachteten Detail heraus entfaltet, und wie es ihr gelingt, das Poetische mit dem Politischen zu verbinden. Für sie, die vom rumänischen Geheimdienst drangsaliert und verhört, von der Zensurbehörde vergeblich eingeschüchtert, aber sehr wohl mit Publikationsverbot belegt wurde, ist es wichtig, als Zeitgenossin auf politische Entwicklungen zu reagieren.

Dass ihr 350 Seiten langes Prosagedicht Lebt wohl, Ihr Genossen und Geliebten 2018 auf die Longlist für den Deutschen Buchpreis kam, war eine große Anerkennung für sie wie auch für ihre engagierte, deutsch-amerikanische Verlegerin Catharine Nicely. Für den Verlag Palm Art Press wurden inzwischen mehrere Bücher von Banciu ins Englische übersetzt; darunter Vaterflucht / Fleeing Father und Das Lied der traurigen Mutter / Mother’s Day – Song of a Sad Mother. Beide Romane sind Teil einer Trilogie, in der die Autorin familiäre und politische Lebenslügen bloßlegt.

Zahlreiche Auszeichnungen, Workshops und Arbeitsstipendien haben Carmen Francesca Banciu immer wieder in die USA und nach Großbritannien geführt. Mit dem spanischen Theaterkollektiv „La Conquesta del Pol Sud“ erarbeitete sie eine Bühnenfassung ihres Romans Ein Land voller Helden. Sie verbindet darin den Zusammenbruch des Ceaucescu-Regimes mit Fragen nach der Neuausrichtung Europas. A Land full of Heroes wurde 2019 mit großem Erfolg in Birmingham gefeiert. Die Pandemie durchkreuzte die in Frankreich geplante Aufführungstour.

Von März bis Juni 2021 war Carmen Francesca Banciu als Stipendiatin zu Gast in Wewelsfleth. Das kleine Dorf liegt 70 km nördlich von Hamburg. Anfang der 1970er Jahre hatte Günter Grass dort ein über 300 Jahre altes Haus gekauft. Das reich verzierte Fachwerkgebäude sollte abgerissen werden, um Platz für einen Parkplatz zu machen – direkt neben dem alten, im 16. Jahrhundert angelegten Friedhof. Mit dem Kauf durchkreuzte Grass die Pläne. Er zog von Berlin nach Wewelsfleth und blieb mit seiner Familie ein Jahrzehnt lang in dem inzwischen denkmalgeschützten Haus. 1985 gründete er die Stiftung Alfred-Döblin-Haus, die es Schriftsteller*innen ermöglicht, in Wewelsfleth zu arbeiten.

Einer der Räume, die Carmen Francesca Banciu dort zur Verfügung gestellt wurden, war das Arbeitszimmer von Günter Grass. Sein monumentales Epos Der Butt wurde dort geschrieben. Es lag nahe, dass die Autorin ein inneres Zwiegespräch mit Grass begann – über das Schreiben, den Feminismus, die Lust am Kochen. Den berühmten ersten Satz aus Der Butt holt sie in die Gegenwart. Das Buch, das in Wewelsfleth begonnen wurde und im Frühjahr 2022 bei Palm Art Press erscheinen wird, soll den Titel Ilsebill salzt nach tragen.

Wir haben Carmen Francesca Banciu im Alfred-Döblin-Haus besucht. Für uns hat sie dort entstandene Prosastücke und ein Gedicht gelesen.

 

Carmen Francesca Banciu: Fleeing Father, Palm Art Press, Berlin 2021

Vaterflucht, Palm Art Press, Berlin 2021

Lebt wohl, Ihr Genossen und Geliebten, Palm Art Press, Berlin 2018

Light Breeze in Paradise, Englisch/Griechisch, Palm Art Press, Berlin 2017

Berlin ist mein Paris. Geschichten aus der Hauptstadt. Neuauflage. Palm Art Press, Berlin 2017

Filuteks Handbuch der Fragen. Erzählungen. Neuauflage. Palm Art Press, Berlin 2017

Fenster in Flammen. Roman. Palm Art Press, Berlin 2015

Mother’s Day. Song of a Sad Mother. Palm Art Press, Berlin 2015

Leichter Wind im Paradies. Roman. Palm Art Press, Berlin 2015

Vaterflucht. Roman. Rotbuch, Berlin 2009

 

Coup de cœur:

Beate Dölling: Ab in die Rakete. Zeichnungen von Tine Schulz. 192 Seiten. Tulipan Verlag, München 2021

Mehr Information zu Beate Döllings Büchern, Leseterminen und Schreibwerkstätten findet man auf ihrer homepage:  www.beatedoelling.com

Susie Morgenstern: Mes dix huit exils, Iconoclaste, Paris, 2021, 245 pages

 

 

 

 

Épisode 08: Remettre du sel, bien sûr! La cuisine de Günter Grass, Le turbot et des textes inédits de Carmen Francesca Banciu

version français
version français
Épisode 08: Remettre du sel, bien sûr! La cuisine de Günter Grass, Le turbot et des textes inédits de Carmen Francesca Banciu
/

Remettre du sel, bien sûr!

La cuisine de Günter Grass, le turbot et des textes inédits de Carmen Francesca Banciu

Carmen Francesca Banciu a quitté Bucarest pour Berlin il y a trente ans et a fait de la capitale allemande „son Paris“. Elle travaille la langue allemande avec beaucoup de créativité dans ses romans, ses miniatures en prose, ses poèmes et ses essais. Dans ses textes, il est fascinant de ressentir la façon dont une pensée ou une perception sensorielle naissent d’un détail et de voir comment elle mêle avec brio la poésie et une pensée politique. Pour elle, qui a été maltraitée et questionnée par les services secrets roumains, intimidée en vain par la censure et interdite de publication, il est très important de s’impliquer dans la vie politique.

Lorsque son poème en prose publié sous le titre Lebt wohl, Ihr Genossen und Geliebten (Adieu, amants et camarades) a été nominé pour le Prix du Livre allemand en 2018, elle a vécu cela comme une réelle reconnaissance de son travail et de celui de son éditrice, Catharine Nicely, qui dirige la maison d’éditions Palm Art Press. Plusieurs de ses livres ont été traduits en anglais, notamment Vaterflucht/Fleeing Father (Fuir le père), Das Lied der traurigen Mutter/Mother’s Day – Song of a Sad Mother (Le chant de la mère triste). Ces deux romans font partie d’une trilogie dans laquelle elle dénonce les mensonges qui régnaient tant dans sa famille que dans le monde politique.

Carmen Francesca Banciu a obtenu de nombreux prix et récompenses, elle a également été en résidence aux États-Unis et en Angleterre. Elle a travaillé avec la troupe espagnole „La Conquesta del Pol Sud“ à une adaptation pour le théâtre de son romans Ein Land voller Helden (Le pays des héros). Dans ce livre, elle aborde la fin du régime de Ceaucesu et la façon dont l’Europe s’est définie après. La pièce A Land full of heroes a connu un grand succès à Birmingham en 2019. Malheureusement, la tournée prévue en France a dû être annulée en raison de la pandémie.

Carmen Francesca Banciu a été en résidence à la Maison Alfred-Döblin à Wewelsfleht de mars à juin 2021. Le petit village de Wewelsfleht se trouve à 70 km au nord de Hambourg. Au début des années 70, Günter Grass y avait acheté une maison ancienne qui datait du 17ème siècle. Cette maison à colombages richement décorée devait être détruite et céder la place à un parking. Elle se trouve juste à coté d’un cimetière datant du 16ème siècle. En achetant la maison, Grass la sauva. Il quitta Berlin et vint s’installer à Wewelsfleth où il vécut une dizaine d’années avec sa famille dans cette maison qui entre temps avait été classée monument historique. En 1985, il créa la fondation de la Maison-Alfred-Döblin dans laquelle chaque année des écrivains et écrivaines peuvent bénéficier de résidences.

Une des pièces qui ont été mises à la disposition de Carmen Francesca Banciu n’est autre que le bureau de Günter Grass, où il avait écrit son épopée Le turbot. Il a alors semblé évident à Carmen Francesca Banciu d’entrer en dialogue imaginaire avec Günter Grass et d’aborder avec lui les questions de l’écriture, du féminisme, de l’amour de la cuisine. Elle a transformé la première phrase du Turbot et l’écrit au présent. Le livre que Carmen Francesca Banciu a commencé à Wewelsfleth doit paraître au printemps 2022 aux éditions Palm Art Press et porter le titre: Ilsebill remet du sel.

Nous sommes allées voir Carmen Francesca Banciu dans la maison Alfred-Döblin à Wewelsfleth. Elle nous a lu des textes en prose et un poème qu’elle y a écrits.

Carmen Francesca Banciu: Fleeing Father, Palm Art Press, Berlin 2021

Vaterflucht, Palm Art Press, Berlin 2021

Lebt wohl, Ihr Genossen und Geliebten, Palm Art Press, Berlin 2018

Light Breeze in Paradise, Englisch/Griechisch, Palm Art Press, Berlin 2017

Berlin ist mein Paris. Geschichten aus der Hauptstadt. Neuauflage. Palm Art Press, Berlin 2017

Filuteks Handbuch der Fragen. Erzählungen. Neuauflage. Palm Art Press, Berlin 2017

Fenster in Flammen. Roman. Palm Art Press, Berlin 2015

Mother’s Day. Song of a Sad Mother. Palm Art Press, Berlin 2015

Leichter Wind im Paradies. Roman. Palm Art Press, Berlin 2015

Vaterflucht. Roman. Rotbuch, Berlin 2009

Coup de cœur:

Beate Dölling: Ab in die Rakete, Zeichnungen von Tine Schulz. 192 Seiten. Tulipan Verlag, München, 2021

Susie Morgenstern: Mes dix huit exils, Iconoclaste, Paris, 2021, 245 pages

Folge 07: „Rom war alles für ihn“. Hans von Trotha über den vergessenen Archäologen und Kunstsammler Ludwig Pollak

Deutsch Français
Deutsch Français
Folge 07: „Rom war alles für ihn“. Hans von Trotha über den vergessenen Archäologen und Kunstsammler Ludwig Pollak
/

Der in Prag geborene Ludwig Pollak (1868 – 1943) war Archäologe und als Antiken-Kenner hochgeschätzt. Weil ihm als Jude die Lehre an Universitäten verwehrt wurde, begann er Expertisen für Museen und Sammler zu fertigen und mit Kunst zu handeln. Den Kindheitstraum, in Rom zu leben, erfüllte er sich zu einer Zeit, in der die Stadt erweitert und regelrecht umgepflügt wurde. Der Antikenhandel blühte. Das Museo Barracco machte Ludwig Pollak zu seinem Ehrendirektor, das Deutsche Archäologische Institut ernannte ihn zum Ehrenmitglied. Künstler und Museumskuratoren aus ganz Europa suchten seine Gesellschaft, seinen Rat.

Am 16. Oktober 1943 führte die SS unter der Leitung von Theodor Dannecker, einem engen Mitarbeiter von Adolf Eichmann, eine Razzia in Rom durch. Der Plan war durchgestochen worden und es gelang, jüdische Nachbarn zu verstecken oder ihnen zur Flucht zu verhelfen. Mehr als 1000 Mitglieder der Gemeinde, darunter Ludwig Pollak, seine Ehefrau und seine zwei Kinder, wurden aus ihren Wohnungen abgeführt und zwei Tage später nach Auschwitz deportiert. Die Familie Pollak hätte im Vatikan Schutz finden können, doch der damals 75 Jahre alte Mann hatte das Angebot ausgeschlagen. Warum?

Der Schriftsteller Hans von Trotha sucht in seinem Roman, dem er die Form eines fiktiven Gesprächs gegeben hat, nach Gründen für die bedrückende, tragische Entscheidung. Er imaginiert, was der erschöpfte alte Mann demjenigen, der ihn und die Familie in Sicherheit bringen sollte, zu sagen hatte. Und lässt Pollak vom Anbruch des Abends bis in die frühen Morgenstunden des schicksalhaften 16. Oktobers erzählen. Freundschaften, glückliche Entdeckungen und bittere Demütigungen, Geschichten von Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen ergeben ein sehr komplexes, sprachlich wunderbar verdichtetes Charakterbild. 

Verbunden bleibt Pollaks Name auch mit einem für die Kunstgeschichte bedeutenden Fund: 1903 hatte der Sammler bei einem Spaziergang den seit 400 Jahren vermissten, frisch aus der Erde gezogenen rechten Arm des Laokoon bei einem Marmorbruchhändler gefunden. Kaum eine Skulptur der Antike ist besser erforscht als die Laokoon-Gruppe. Und „Pollaks Arm“ ermöglichte eine neue Deutung. 1906 vermachte er sie den Vatikanischen Museen.

 

Hans von Trotha: Pollaks Arm, 144 Seiten, Verlag Klaus Wagenbach, SALTO, Berlin 2021

Die englische Übersetzung des Romans erscheint im Februar 2022 bei New Vessel Press, New York. Zwei Stimmen zu Pollak’s Arm:

„Hans von Trotha has composed a small jewel of a novel. Set as the Holocaust reaches Rome in October 1943, it quietly evokes an archaeologist’s reflections on a European life of scholarship and art. The result is physical death for him and his family. Yet this book offers vivid testimony of his words and actions in defense of humane culture against barbarism.“

—R.J.B. Bosworth, author of Mussolini and The Oxford Handbook of Fascism

 

„This intense and exciting book brings back to life the voice of Ludwig Pollak who, when confronted with Nazi-occupied Rome’s grim reality, powerfully conveys a taste for collecting, the pleasure of erudition, and an unshakeable faith in culture. This period of European history – remarkably captured here by Hans von Trotha – still has much to tell us.“

—Salvatore Settis, chairman of the Louvre Museum Scientific Council and author of Laocoön and If Venice Dies

 

Weitere Bücher von Hans von Trotha (Auswahl):

Die große Illusion. Ein Schloss, eine Fassade und ein Traum von Preußen, Berenberg, Berlin 2021

A Sentimental Journey. Laurence Sterne in Shandy Hall, Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2018

Czernin oder wie ich lernte, den Ersten Weltkrieg zu verstehen. Roman, Nicolai Verlag, Berlin 2013

Der englische Garten. Eine Reise durch seine Geschichte. 144 Seiten. Verlag Klaus Wagenbach. SALTO. 2021

 

Coup de cœur

Delphine Horvilleur: Vivre avec nos morts, Éditions Grasset, Paris 2021

Die deutsche Übersetzung erscheint 2022 im C. Hanser Verlag

 

Épisode 07: „Rome était tout pour lui“. Un entretien avec Hans von Trotha sur Ludwig Pollak, archéologue et grand collectionneur d’art injustement oublié

version français
version français
Épisode 07: „Rome était tout pour lui“. Un entretien avec Hans von Trotha sur Ludwig Pollak, archéologue et grand collectionneur d’art injustement oublié
/

Ludwig Pollak (1868-1943), né à Prague, était archéologue et jouissait d’une belle réputation de grand spécialiste de l’Antiquité. Parce qu’il était juif, on ne lui avait pas accordé le droit d’enseigner à l’université. C’est ce qui l’amena à devenir expert auprès de musées et de collectionneurs et à opter pour le métier de marchand d’art. Il réalisa son rêve d’enfant et vint vivre à Rome dans une période où d’importants travaux et de nombreux remaniements de la ville étaient effectués. Le commerce des œuvres antiques qu’on découvrait alors florissait. Ludwig Pollak devint directeur honorifique du Museo Barracco et membre d’honneur de l’Institut archéologique allemand. Des artistes et des directeurs de musées de l’Europe entière venait lui demander conseil.

Le 16 octobre 1943, les SS procédèrent à une rafle à Rome. Ils agissaient sous le commandement de Theodor Dannecker, un proche collaborateur d’Adolf Eichmann. Il y avait eu des fuites et de nombreux juifs furent cachés chez leurs voisins ou réussirent à s’enfuir avant la rafle. Plus de mille membres de la communauté juive, dont Ludwig Pollak, sa femme et ses enfants, furent extirpés de leurs appartements et déportés à Auschwitz deux jours plus tard. La famille Pollak aurait pu trouver refuge auprès du Vatican mais Ludwig Pollak, alors âgé de 75 ans, avait refusé l’offre. Pourquoi?

Dans son roman, qui prend la forme d’un dialogue fictif, l’écrivain Hans von Trotha cherche les raisons qui ont motivé cette décision lourde de tragiques conséquences. Il imagine ce que Ludwig Pollak, ce vieil homme épuisé, aurait pu dire à celui qui voulait protéger sa famille. Et donne la parole à Pollak, qui raconte sa vie pendant toute la nuit qui précède le fatal matin du 16 octobre. Les amitiés, les découvertes, les humiliations, des histoires de tableaux, de dessins et de sculptures se mêlent pour donner l’image d’un personnage complexe, dans un texte particulièrement dense.

Le nom de Pollak est aussi profondément lié à une découverte importante pour l’histoire de l’art. En 1903 lors d’une promenade à Rome, Pollak avait trouvé chez un marbrier le bras droit de la statue de Laocoon qu’on venait juste de déterrer. Le « groupe de Laocoon » est une des statues antiques les plus étudiées. Le « bras de Pollak » permettait une nouvelle interprétation de l’œuvre d’art. En 1906, Pollak en fit don aux musées du Vatican.

 

Hans von Trotha: Pollaks Arm, 144 Seiten, Verlag Klaus Wagenbach, SALTO, Berlin 2021

En février 2022 la traduction anglaise du roman paraîtra aux éditions New Vessel Press, New York. Deux commentaires:

„Hans von Trotha has composed a small jewel of a novel. Set as the Holocaust reaches Rome in October 1943, it quietly evokes an archaeologist’s reflections on a European life of scholarship and art. The result is physical death for him and his family. Yet this book offers vivid testimony of his words and actions in defense of humane culture against barbarism.“

—R.J.B. Bosworth, author of Mussolini and The Oxford Handbook of Fascism

„This intense and exciting book brings back to life the voice of Ludwig Pollak who, when confronted with Nazi-occupied Rome’s grim reality, powerfully conveys a taste for collecting, the pleasure of erudition, and an unshakeable faith in culture. This period of European history – remarkably captured here by Hans von Trotha – still has much to tell us.“

—Salvatore Settis, chairman of the Louvre Museum Scientific Council and author of Laocoön and If Venice Dies

 

Autres romans de Hans von Trotha:

Die große Illusion. Ein Schloss, eine Fassade und ein Traum von Preußen, Berenberg, Berlin 2021

A Sentimental Journey. Laurence Sterne in Shandy Hall, Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2018

Czernin oder wie ich lernte, den Ersten Weltkrieg zu verstehen. Roman, Nicolai Verlag, Berlin 2013

Der englische Garten. Eine Reise durch seine Geschichte. 144 Seiten. Verlag Klaus Wagenbach. SALTO. 2021

 

Coup de cœur

Vivre avec nos morts – Petit traité de consolation de Delphine Horvilleur, 234 pages, Grasset 2021