Folge 14: Flügel in der Ferne – ein Gespräch mit Jadd Hilal

Deutsch Français
Deutsch Français
Folge 14: Flügel in der Ferne - ein Gespräch mit Jadd Hilal
/

Flügel in der Ferne – Gespräch mit Jadd Hilal

Die Sehnsucht nach dem Libanon ergreift Jadd Hilal immer wieder. Ein Teil seiner Familie lebt dort, andere Verwandte haben sich in Jordanien, in der Schweiz und in Frankreich niedergelassen. Der Libanon, sagt der junge Autor, sei für ihn wie der Horizont, unerreichbar und doch möchte er sich immerzu auf ihn hinbewegen. Er verhalte sich wie ein Kind, das Vögel sieht und die Hand ausstreckt, weil es hofft, sie berühren zu können. Es gelingt nie und dennoch streckt es weiter die Hand aus.

Geboren wurde Jadd Hilal 1987 in der Nähe von Genf. Er hat in Schottland englische Literatur studiert und im Sommer 2021 an der Sorbonne über ein literaturwissenschaftliches Thema promoviert. Seine ersten beiden Romane erschienen in dem renommierten tunesischen Verlag Elyzad. Mit drei Preisen ist Hilals beeindruckendes literarisches Debüt Des ailes au loin ausgezeichnet worden. Die deutsche Übersetzung Flügel in der Ferne stand auf der Longlist für den Prix Premiere 2022.

Ich habe den jungen Schriftsteller, der Englisch an einem Pariser Gymnasium unterrichtet, nach Schulschluss in einem Café getroffen. Er hat mir erzählt, dass es ihm leichtgefallen war, seinen Roman aus rein weiblicher Perspektive zu schreiben. Es war ein Wagnis, denn die vier Protagonistinnen sind seine Mutter, seine Großmutter, seine Schwester und seine Nichte – also nächste Familienangehörige, die durchaus empfindlich auf die verdichtete Schilderung ihrer Erinnerungen und Empfindungen reagiert haben. Was die vier Frauen verbindet, sind ihre Erfahrungen von Aufbruch und Exil, im Nahen Osten wie in Europa. Und Jadd Hilal hat durch das Schreiben seinen Platz in der verstreut lebenden Familie gefunden. Er sei kein „Akteur“, sondern ein „conteur“, ein Erzähler – von dem wir uns noch viele Bücher wünschen.

 

Conny Diem hat die Zitate aus Flügel in der Ferne gelesen. Tobias Wenzel ist die detusche Stimme von Jadd Hilal und Elisabeth Nehring die von Leïla Slimani.

 

Bücher von Jadd Hilal:

Flügel in der Ferne. Roman. Aus dem Französischen von Barbara Sauser. 202 Seiten. Lenos Verlag, Basel, 2021

Oasis. Nouvelles. Maison de la fiction, Brignais, 2016

Des ailes au loin. Roman. Éditions Elyzad, Tunis 2018

Une baignoire dans le désert. Roman. Éditions Elyzad, Tunis 2020

 

Der coup de cœur von Leïla Slimani:

Abdellah Taïa: Vivre à ta lumière, Éditions du Seuil, Paris 2022

 

 

 

Épisode 14: Des ailes au loin – entretien avec Jadd Hilal

version français
version français
Épisode 14: Des ailes au loin - entretien avec Jadd Hilal
/

Des ailes au loin – entretien avec Jadd Hilal

La nostalgie du Liban ne cesse de saisir Jadd Hilal. Une partie de sa famille y vit, autres membres proches vivent en Jordanie, en Suisse et en France. Même si le Liban, comme il explique, lui échappe toujours, cela n’affecte point le désir d’y retourner. Il se compare à un enfant qui voit des oiseaux au loin et qui tend la main dans l’espoir de pouvoir les toucher. L’enfant n’y parviendra jamais mais ne cesse de tendre la main vers eux.

Jadd Hilal est né en 1987 près de Genève. Il a étudié la littérature anglaise en Écosse et a obtenu son doctorat à la Sorbonne en été 2021. Ses deux premiers romans ont été publiés par l’une des plus prestigieuses maisons d’édition tunisiennes, les Éditions Elyzad. Son début littéraire, Des ailes au loin, a été récompensé par trois prix. La traduction allemande Flügel in der Ferne était sélectionnée pour le Prix Première 2022.

J’ai rencontré l’écrivain, qui enseigne l’anglais à Paris, dans un café après la fin des cours de lycée. Il m’a raconté qu’il lui avait été facile d’écrire son roman d’un point de vue exclusivement féminin. C’était pourtant un pari risqué, car les quatre protagonistes sont sa mère, sa grand-mère, sa sœur et sa niece. Leurs expériences de départ et d’exil, au Proche-Orient comme en Europe, relie ces quatre femmes. Jadd Hilal a trouvé sa place dans sa famille dispersée grâce à l’écriture. Il n’est pas un „acteur“, mais un „conteur“ –  un narrateur qui va nous surprendre, j’en suis sûre, avec ses futurs livres.

 

Livres de Jadd Hilal:

Une baignoire dans le désert. Roman. Éditions Elyzad, Tunis 2020

Des ailes au loin. Roman. Éditions Elyzad, Tunis 2018

Oasis. Nouvelles. Maison de la fiction, Brignais, 2016

Le coup de cœur de Leïla Slimani:

Abdellah Taïa: Vivre à ta lumière, Éditions du Seuil, Paris 2022

Folge 13: Fisch am Morgen, Vogel am Abend, Baum den ganzen Tag. In memoriam Etel Adnan.

Deutsch Français
Deutsch Français
Folge 13: Fisch am Morgen, Vogel am Abend, Baum den ganzen Tag. In memoriam Etel Adnan.
/

„Fisch am Morgen, Vogel am Abend, Baum den ganzen Tag“

In memoriam Etel Adnan

Als ich die amerikanisch-libanesische Poetin und Malerin Etel Adnan im Mai 2006 zum ersten Mal in Paris traf, war sie noch weitgehend unbekannt. Ein Geheimtipp. Ihr Buch Im Herzen des Herzens eines anderen Landes mochte ich kaum aus der Hand legen. Egal, welche Seite ich aufschlug, immer bannte mich die direkte wie intime Art, einen Gedanken und eine Wahrnehmung auszudrücken. Sie schrieb von der Sonne der Kindheit, die „für immer jung bleibt“, von der Suche nach einem Klima, das das Gefühl von Erneuerung schenkt, von Dorffrauen, die Rosen sticken, um Erinnerung und Denken anzuhalten, sie erzählte von „verwirrender Wildnis“. Und trieb zugleich ein intelligentes Spiel mit William C. Gass‘ Buch Im Herzen eines anderen Landes.

Gass hatte für sein Buch eine imaginäre Stadt « B » im US-Bundesstaat Indiana erfunden. In Etel Adnans Prosa wurde « B » zu Beirut. Sie benutzte dieselben Kapitelüberschriften wie William C. Gass. Ein Auszug :

ORT

So habe ich die Meere befahren und bin …

                                                                     … nach B gekommen …

Einer Stadt am Meer, im Libanon. Siebzehn Jahre sind vergangen. Meine Abwesenheit war ein Exil vom Exil. Ich gehöre zu den Menschen, die immer das machen, was schon ein anderer macht … nur ein paar Wochen früher. Ein Fisch im warmen Meer. Kein Haus als Herberge, aber ein Bett, von Haus zu Haus, und Kleidung, zerknüllt auf einem einzigen Regal. Ich suche Liebe.

LETZTE WICHTIGE FAKTEN

Was wir Gedächtnisverlust nennen, die Unmöglichkeit, sich zu erinnern, ist in Wirklichkeit eine innere Taubheit, das Denken wird dabei durch eine Art Vorhang vom inneren Ohr getrennt; es ist ein Stromausfall.

2012 konnte man bei der von Carolyn Christov-Barkagiev kuratierten documenta erleben, wie Etel Adnans malerisches Werk plötzlich international wahrgenommen wurde. Ihre farbkräftigen Bilder mit Wüsten, Sonnen und Wasserlöchern waren eine Sensation. Galeristen und Museumskuratoren aus Europa und den USA wollten Ausstellungen mit ihr planen. In Kassel erzählte sie mir, dass es Phasen in ihrem Leben gegeben habe, in denen sie jahrelang nicht schrieb. Dass sie das Malen bevorzuge, weil es direkter und primitiver sei und weil Farbe ihr keine Assoziationen aufzwingen würde. „Ich schreibe, was ich sehe und ich male, was ich bin“: So fasste Etel Adnan die beiden Grunderfahrungen ihrer künstlerischen Existenz zusammen.

Hölderlin war ihr ein Seelenverwandter. Er konnte die nie gesehenen „Städte des Euphrat“ beweinen und jeder Wolke folgen. Wetterphänomene und das Lichtspiel am Himmel faszinierten auch sie. Wolkenformationen und Temperaturschwankungen, davon war sie überzeugt, lenkten unsere Gedanken wie eine Brise unmerklich in wechselnde Richtungen. Etel Adnans Literatur kann man als einen Versuch verstehen, Leben – indem sie es poetisch überhöhte und schärfer zeichnete – nachträglich zu retten. Nüchtern, bescheiden und frei verknüpfte sie ihre Wahrnehmungen mit Reflexion in fragmentarischen Notizen. Glück suchte und fand sie in der Malerei.

Bücher von Etel Adnan (Auswahl)

Im Herzen des Herzens eines anderen Landes. Übersetzerin: Christel Dormagen, Suhrkamp, 2004

Von Frauen und Städten. übersetzt und mit einem Nachwort von Klaudia Ruschkowski, Edition Nautilus, 2006

Reise zum Mount Tamalpais. Aus dem Englisch übersetzt und mit einem Nachwort von Klaudia Ruschkowski, Edition Nautilus, 2008

Der Herr der Finsternis: Erzählungen. Aus dem Englisch von Christel Dormagen, Suhrkamp, 2009

Jahreszeiten. Herausgegeben und aus dem Englisch übersetzt von Klaudia Ruschkowski, Edition Nautilus, 2012

Arabische Apokalypse. Übersetzt von Ulrike Stoltz, Suhrkamp, Berlin 2012

Gespräche mit meiner Seele. Übersetzt von Klaudia Ruschkowski (Hrsg.), Edition Nautilus, 2015

Nacht. Edition Nautilus, 2016

Sturm ohne Wind: Gedichte | Prosa | Essays | Gespräche. Herausgegeben von Hanna Mittelstädt und Klaudia Ruschkowski. Edition Nautilus, 2019

Zeit. Übersetzt und mit einem Nachwort von Klaudia Ruschkowski, Edition Nautilus, 2021

TIPP:

Literaturgespräch PREMIERE 3/3 mit Antoine Wauters und Paul Sourzac über den Roman Denk an die Steine unter Deinen Füßen: 17. März 2022 | 19:00 – 20:30 Zoom | fr./dt.

Online-Abstimmung über die Vergabe des Prix Premiere 2022

Épisode 13: Poisson le matin, oiseau le soir, arbre toute la journée. In memoriam Etel Adnan.

version français
version français
Épisode 13: Poisson le matin, oiseau le soir, arbre toute la journée. In memoriam Etel Adnan.
/

“Poisson le matin, oiseau le soir, arbre toute la journée”

In memoriam Etel Adnan

Lorsque j’ai rencontré la poétesse et peintre américano-libanaise Etel Adnan pour la première fois à Paris en mai 2006, elle était encore largement inconnue. À l’époque je ne connaissais pas plus que ses livres Paris mis à nue et Au cœur du cœur d’un autre pays. Quelle que soit la page que j’ouvrais, j’étais toujours captivée par sa manière à la fois directe et intime d’exprimer une pensée ou une perception. Elle écrivait sur le soleil de l’enfance qui „reste jeune à jamais“, sur la recherche d’un climat qui donne le sentiment d’un renouveau, sur les femmes du village qui brodent des roses pour arrêter la mémoire et la pensée, elle parlait d’une „nature sauvage déroutante“. Et jouait en même temps si intelligemment avec le livre de l’écrivain américain William C. Gass, Au cœur d’un autre pays.

Dans son recueil, Gass avait inventé une ville imaginaire dans l’État de l’Indiana, appelée „B“. Chez Etel Adnan, „B“ est devenu Beyrouth. Un extrait :

Lieu

Ainsi, j’ai parcouru les mers, et suis …

                                                           … venue à B…

une ville du bord de mer, au Liban. Dix-sept ans plus tard. Mon absence était l’exil d’un exil. Je fais partie de ces gens qui font toujours ce que quelqu’un d’autre fait … mais quelques semaines avant. Un poisson dans une mer chaude. Pas de maison comme abri mais un lit de maison en maison et des vêtements froissés sur une seule étagère. Je cherche l’amour. 

Fils métalliques

Il y en a peu, et, puisqu’il n’y a pas d’arbres à Beyrouth, les pylônes sont morts, tels des semblants géométriques d’arbres. Des archétypes morts. Quant aux oiseaux, les chasseurs libanais les ont tous abattus. Maintenant ils tuent aussi les oiseaux syriens.

Eglise

Nous avons des églises, des mosquées, et des synagogues. Toutes vides la nuit sans exception. Le week-end beaucoup de mouches désertent leurs jardins. Les gens y entrent.

 

Le fossé entre la réalité de Beyrouth d’avant-guerre et celle d’une ville de province américaine n’en est que plus évident. Etel Adnan a achevé le manuscrit en 1997 et complété en 2003 par le texte Vivre en temps de guerre.

En 2012, lors de la documenta 13 organisée par Carolyn Christov-Barkagiev, l’œuvre picturale d’Etel Adnan a soudain été perçue au niveau international. Ses tableaux aux couleurs vives représentant des déserts, des soleils et des trous d’eau ont fait sensation. Des galeristes et des directeurs de musées voulaient exposer son art en Europe et aux États-Unis. À Kassel, elle m’a racontée qu’il y avait eu de longues périodes où elle n’avait pas écrit un seul mot – et qu’elle préférait la peinture parce que peindre était un acte primitif et parce que la couleur ne lui imposait pas d’associations. „J’écris ce que je vois et je peins ce que je suis“ : c’est ainsi qu’Etel Adnan a résumé les deux expériences fondamentales de son existence artistique.

Les phénomènes météorologiques et les éclats de lumière la fascinaient. Les formations de nuages et les variations de température, elle en était convaincue, orientent imperceptiblement nos pensées, comme une brise. La littérature d’Etel Adnan peut être comprise comme une tentative de sauver la vie – en l’exaltant de manière poétique et en la dessinant avec plus d’acuité – après coup. C’est dans la peinture qu’elle a cherché et trouvé le bonheur.

Livres d’Etel Adnan (une sélection):

  • Fil du temps, Galerie Lelong, 2021
  • Je suis un volcan, Galerie Lelong, 2021
  • L’Express Beyrouth-Enfer, Galerie Lelong, 2021L’Apocalypse arabe, Galerie Lelong, 2021
  • Voyage, guerre, exil, L’Échoppe, 2020
  • Un printemps inattendu (entretiens), Galerie Lelong, 2020
  • Grandir et devenir poète au Liban, L’Échoppe, 2019
  • Surgir, Éditions de l’Attente, 2019
  • Voyage au mont Tamalpais, éd. Manuella Éditions, 2013
  • Sitt Marie Rose, Paris, Des Femmes, 1978 ; rééd. Tamyras, 2010
  • Au cœur du cœur d’un autre pays, trad. Eric Giraud, Tamyras, 2010

 

Un avis:

Le livre Penses aux pierres sous tes pas (Éds. Verdiers, 2018) d’Antoine Wauters est en lice pour le prix Premiere.

Le 17 mars, de 19:00 – 20:30 vous pouvez écouter en livestream un entretien avec Antoine Wauters et son traducteur Paul Sourzac 

L’entretien peut être consulté après le 18 mars.

Jusqu’au 31 mars 2022 le public votera pour ses favoris (Pascal Jankovjak, Julia Kerninon ou Antoine Wauters) en ligne.

Folge 12: „Utopie muss sein. Und Menschlichkeit“. Gespräch mit dem Schriftsteller und Arzt Nils Trede

Deutsch Français
Deutsch Français
Folge 12: "Utopie muss sein. Und Menschlichkeit". Gespräch mit dem Schriftsteller und Arzt Nils Trede
/

„Utopie muss sein und Menschlichkeit“ – Gespräch mit dem Schriftsteller und Arzt Nils Trede

Am 7. November ist der Secession Verlag mit dem Großen Berliner Verlagspreis 2021 ausgezeichnet worden – zu Recht, denn die Verleger Christian Ruzicska und Joachim von Zepelin publizieren seit vielen Jahren unverwechselbare internationale literarische Stimmen. Und Autoren wie Steven Uhly und Jérôme Ferrari halten ihnen die Treue – obwohl andere größere Verlagsunternehmen sie gern abgeworben hätten.

2012 erschien bei Secession Das versteinerte Leben. Nils Trede, der Autor dieses Romans, lebt seit 1996 in Frankreich. Er hat ihn auf Französisch geschrieben. Im Februar 2021 kam nun ein neuer Text von Nils Trede bei Secession heraus. Dieses Mal ist Deutsch die Originalsprache. Der nur 80 Seiten lange Prosatext Richtung Süden ist der hoch verdichtete, innere Monolog eines vorübergehend erwerbslosen Mannes, der die Ungleichbehandlung schon kleiner Kinder kaum mehr ertragen kann und der darunter leidet, dass sich die Gesellschaft zunehmend spaltet und verroht. Der Autor beschreibt seinen Protagonisten als „eine Art reiner Mensch, der über keine Abwehrmechanismen verfügt“. Alles, was passiert, sagt Nils Trede, dringe ungefiltert auf ihn ein. Wegschauen, verdrängen, idealisieren, zynisch werden, das kann sein Held nicht.

Der namenlose Mann sinnt auf Lösungen und findet plausible Argumente für sein „Projekt Kollektiverbe“: „So hunderttausend in die Hand von jedem. Auf einmal. Cash. Aus Liebe. Aus dem Herzen heraus. Weil wir uns alle als Brüder und Schwestern verstehen. Auch in die Hand des ärmsten Schluckers. Einfach deshalb, weil er existiert. Weil er ein Mensch ist.“ Wer sich dem Gedanken nicht länger verschließt, dass endlich Schluss sein muss mit Privilegien qua Geburt, dem werde sich – auch das ist eine im Buch formulierte Vision – eine „neue Sprache aus dem Mund lösen“. Eine, die „direkt, ohne Umwege aus der innersten Region des Menschen“ komme.

Als Nils Trede im November zu Lesungen nach Berlin kam, haben wir ihn zum Interview getroffen. Er hat uns erzählt, warum die Entdeckung der Stadt Paris für ihn, der als Medizinstudent von Tübingen nach Frankreich gezogen war, das pure Glück bedeutete. Seit mehr als zehn Jahren lebt er nun mit seiner Familie in Straßburg. Für Nils Tredes Lebensgefährtin, eine geborene Pariserin, war es, als zöge sie in ein anderes, neues Land, während er fast das Gefühl hatte, nach Deutschland zurückzukehren. Die Kinder profitieren von der Grenznähe. Sie wachsen zweisprachig auf und können die Bücher ihres Vaters immer in der einen oder anderen Originalsprache lesen.

Unser coup de cœur ist zum ersten Mal ein Audiobuch. Der Journalist David Dambitsch hat mit Kindern und einem Urenkel der Bildhauerin und Zeichnerin Käthe Kollwitz (1867-1945) gesprochen. Sie erzählen von den nie verwundenen menschlichen Verlusten im Leben der Ahnin, die sich als „evolutionär, nicht revolutionär“ begriff und im Januar 1919 doch loszog, den ermordeten Karl Liebknecht im Leichenschauhaus zu zeichnen. Interessant ist auch das Kapitel über die Schwierigkeiten, das künstlerische Erbe der Kollwitz in einer Sammlung zusammen zu halten.

Erwerben kann man das Hörbuch Kraft ist das, was ich brauche …Käthe Kollwitz und ihre Familie im Berliner Käthe-Kollwitz-Museum.

 

Bücher von Nils Trede:

Richtung Süden, Roman, Secession Verlag für Literatur, Berlin 2021

Das versteinerte Leben. Roman. Aus dem Französischen von Christian Ruzicska. Secession Verlag für Literatur, Berlin 2012

Le nœud coulant. Roman. Les Impressions Nouvelles, Bruxelles 2012

La vie pétrifiée. Roman. Quidam Éditeur, Paris 2008 

Épisode 12: „Nous avons besoin d’utopie. Et d’humanité“. Entretien avec Nils Trede, écrivain et médecin

version français
version français
Épisode 12: "Nous avons besoin d’utopie. Et d’humanité“. Entretien avec Nils Trede, écrivain et médecin
/

„Nous avons besoin d’utopie. Et de l‘humanité“ – Entretien avec Nils Trede, écrivain et médecin

Le 7 novembre 2021, la maison d‘édition Sécession a reçu le Grand Prix berlinois de l‘édition. À juste titre, car les éditeurs Christian Ruzicska et Joachim von Zepelin publient depuis des années des livres de dimension internationale unique. Des auteurs tels que Steven Uhly et Jérôme Ferrari leur sont fidèles malgré le souhait de plus grandes maisons d‘édition de les faire venir chez ells.

En 2012, le livre „La vie pétrifiée“ est paru aux éditions Sécession. Son auteur Nils Trede est Allemand mais vit depuis 1996 en France et il a écrit ce roman en français. En février 2021, Sécession a publié un nouveau livre de Nils Trede, cette fois-ci un texte en allemand. Ce texte de 80 pages seulement est d‘une grand intensité; il s‘agit du monologue intérieur d‘un homme momentanément sans emploi qui ne peut supporter l’inégalité des chances qu‘il constate partout autour de lui, même chez les enfants, et qui souffre de la manière dont la société se divise et se brutalise.

L‘auteur décrit son protagoniste comme un homme pur qui n‘a pas de mécanisme de défense. Tout se qui se passe autour de lui l’envahit et le touche. Il est incapable de regarder ailleurs, d‘ignorer, de refouler ce qui se passe ou bien de l‘idéaliser.

Le protagoniste cherche des solutions et trouve des arguments très plausibles pour son projet d‘héritage collectif qui consisterait à donner à chaque individu „100.000 euros à la naissance. Par amour. Donnés du fond du cœur. Même au dernier des pauvres diables. Simplement parce qu‘il existe. Parce que c‘est un être humain.“ Quand on accepte qu‘il faille en finir avec les privilèges transmis par la naissance, on se doit, selon Nils Trede, d‘adopter un nouveau langage, un langage qui vient directement du plus profond de l‘être humain.

Lorsque Nils Trede est venu faire des lectures à Berlin en novembre, nous en avons profité pour l‘interviewer. Il nous a dit combien la découverte de Paris, alors qu‘il était un jeune étudiant en médecine, l‘avait absolument comblé. Il vit maintenant depuis plus de dix ans avec sa famille à Strasbourg et écrit ses romans tantôt en allemand, tantôt en français.

Notre cœur bat ce mois-ci pour la première fois pour un livre audio: Kraft ist das, was ich brauche …Käthe Kollwitz und ihre Familie. Le journaliste David Dambitsch a interviewé des enfants et des petits-enfants de la sculptrice Käthe Kollwitz (1867-1945). Il lui ont parlé des pertes dont leur aïeule ne s‘était jamais remise – un fils pendant la première guerre et un petit-fils pendant la seconde guerre mondiale. Käthe Kollwitz se considérait elle-même comme „évolutionnaire et non pas révolutionnaire“ mais elle alla cependant en janvier 1919 à la morgue de Berlin pour y dessiner le socialiste Karl Liebknecht qu‘on venait d‘assassiner. Le chapitre sur les difficultés à conserver l‘héritage artistique de Käthe Kollwitz dans une collection nous a beaucoup intéressées,

Le livre audio est disponible au Musée Käthe Kollwitz de Berlin.

 

Livres de  Nils Trede:

Richtung Süden, Roman, Secession Verlag für Literatur, Berlin 2021

Le nœud coulant. Roman. Les Impressions Nouvelles, Bruxelles 2012

La vie pétrifiée. Roman. Quidam Éditeur, Paris 2008 

Folge 11: Mädchenschule – Pascale Hugues entwirft das Porträt einer Frauengruppe und einer Generation ohne Label

Deutsch Français
Deutsch Français
Folge 11: Mädchenschule - Pascale Hugues entwirft das Porträt einer Frauengruppe und einer Generation ohne Label
/

Mädchenschule – Pascale Hugues entwirft das Porträt einer Fraunegruppe und einer Generation ohne Label

Es gibt Menschen, die verlassen ihren Geburtsort und denken im Leben nicht daran, an ihn zurückzukehren – obwohl sie ihn gern besuchen und es sogar geschafft haben, ein paar alte Bindungen zu erhalten und neue zu knüpfen. Einmal fort, um von Anderen zu lernen, den Blick auf die Verhältnisse und sich selbst zu schärfen, gibt es nur das Weiterziehen. Pascale Hugues hat sich Anfang der 1980er Jahre von Straßburg nach London aufgemacht und von dort führte der Weg nach Bonn und Berlin: als Korrespondentin für französische Nachrichtenmagazine, Kolumnistin des Berliner Tagesspiegel und Buchautorin. Für ihr Buch Ruhige Straße in guter Wohnlage erhielt sie den Europäischen Buchpreis und den Prix Simone Veil. Präzise beobachtet sie das Alltagsverhalten der Deutschen und reflektiert die Mentalitätsunterschiede zwischen Franzosen und Deutschen. Engagiert berührt sie wunde Punkte in der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die wechselvolle Geschichte des Elsass und den prekären Status der einst deutschen Elsässer – in ihrem biographischen Buch Marthe und Mathilde beschrieben – gehört dazu.

Dass bei ihren Umzügen Sachen verloren gingen, war für Pascale Hugues nie ein Drama. Zwei Dinge aber hat sie gehütet: ein Album mit Fotos aus ihrer Grundschulzeit und ein 1969 angelegtes Poesiealbum. Sie boten Stoff für ihr neues Buch Mädchenschule. Zwölf ehemalige Mitschülerinnen der laizistischen Sainte Madeleine-Schule im Krutenau-Viertel von Straßburg hat Pascale Hugues ausfindig gemacht, um zu erfahren, was aus den Mädchen geworden ist, die erzieherische Verse wie diese in ihr Album schrieben:

Sei wie das Veilchen im Moose / sittsam, bescheiden und rein / und nicht wie die stolze Rose / die immer bewundert will sein

Oder: Eines Tages wirst du vor zwei Wegen stehen / Der eine mit weichem Sand bedeckt / Der andere mit harten Steinen / Nimm den weniger schönen, denn / Er führt dich zum Glück

Empathisch und mit feiner Ironie zeichnet Pascale Hugues in Mädchenschule das Porträt einer Generation von Frauen, die schon nicht mehr als Kinder der Nachkriegszeit aufwuchsen, aber zu spät geboren waren, um zu verstehen, was der 68er-Aufbruch im Leben der etwas Älteren auslöste. Ihre „unförmige, demographische Kohorte“ pinselte selbstquälerische Ermahnungen ins Poesiealbum und war in der Regel früh gezwungen, Geld zu verdienen und sich eine Bildungskarriere aus dem Kopf zu schlagen. Dass diese „konturlose Generation“ der um 1959 Geborenen dennoch im Kleinen etwas geleistet hat, versteht man beim Lesen dieses Buches. Pascale Hugues ist eine beeindruckende Gratwanderung gelungen: Ihr Gruppenbild wird von Zuneigung und Loyalität getragen und verdeckt doch die alten und heutigen Unterschiede zwischen den ehemaligen Mitschülerinnen nicht. Der wiederbelebten Freundschaft tut all das keinen Abbruch.

 

Bücher von Pascale Hugues:

Mädchenschule. Porträt einer Frauengeneration. Aus dem Französischen von Lis Künzli. Rowohlt, Reinbek (14.09.2021)

Deutschland à la française. Deutsch von Elisabeth Thielicke Rowohlt, Reinbek 2017

Ruhige Straße in guter Wohnlage – Die Geschichte meiner Nachbarn. Deutsch von Lis Künzli.  Rowohlt, 2015

In den Vorgärten blüht Voltaire: Eine Liebeserklärung an meine Adoptivheimat. Aus dem Französischen von Elisabeth Thielicke und Jens Mühling. Rowohlt, Reinbek 2010

Marthe und Mathilde, Eine Familie zwischen Frankreich und Deutschland. Deutsch von Lis Künzli.  Rowohlt, Reinbek 2008

Deutsches Glück – Le bonheur allemand. Reportagen. Deutsch von Anja Nattefort. DVA, Frankfurt/M. 1999 

 

Coup de cœur:

Barbara Honigmann: Unverschämt jüdisch. 160 Seiten. Carl Hanser Verlag, München, August 2021

 






Épisode 11: L’école des filles – Pascale Hugues dresse le portrait d’un groupe de femmes et d’une génération sans étiquette

version français
version français
Épisode 11: L'école des filles - Pascale Hugues dresse le portrait d’un groupe de femmes et d'une génération sans étiquette
/

L’école des filles – Pascale Hugues dresse le portrait d’un groupe de femmes et d’une génération sans étiquette

Il y a des gens qui quittent leur pays natal et ne veulent plus jamais retourner y vivre, même s‘ils continuent de s‘y rendre souvent et de garder leurs amis ou de s‘en faire de nouveaux.

Une fois partis pour apprendre au contact d‘autres personnes, pour aiguiser leur vision des choses et leur manière de s‘appréhender eux-mêmes, ils restent à l‘étranger. Pascale Hugues a quitté Strasbourg pour Londres au début des années 80 et est ensuite allée à Bonn puis à Berlin. Elle était alors la correspondante de Libération, avant de devenir celle du Point et de travailler pour le quotidien berlinois Tagesspiegel. Elle est autrice de plusieurs ouvrages. Pour son livre La robe de Hannah, elle a reçu le Prix européen du livre et le Prix Simone Veil. Elle observe avec acuité le comportement des Allemands et analyse les différences de mentalités entre les Allemands et les Français. Elle attire l‘attention sur les points sensibles de l‘histoire du 20ème siècle. Telle l’histoire mouvementée de l‘Alsace et le statut précaire des Alsaciens allemands, sur lesquels elle s‘est penchée dans son livre Marthe et Mathilde.

Lors de ses déménagements, Pascale Hugues s‘est débarrassée de nombreux objets et cela n‘a jamais été un problème pour elle. Mais il y a deux choses qu‘elle a toujours précieusement gardées: un album de photos de ses années de primaire et un „album de poésie“ – un recueil de messages en vers que ses camarades de classe lui ont écrits en 1969. Ces deux objets ont servi de point de départ pour le nouveau livre de Pascale Hugues, L‘école des filles. Elle est partie à la recherche de ses anciennes camarades de classe de l‘école des filles Sainte-Madeleine du quartier de Krutenau à Strasbourg et a rencontré douze d‘entre elles. Elle voulait savoir ce qu‘elles étaient devenues, elles qui lui avaient écrit des vers chargés d‘injonctions telles que:

Sois la violette dans la mousse / Humble, pudique, immaculée / Et non pas la rose qui pousse / Seulement pour être admirée

Ou encore: Un jour tu trouveras deux chemins / L‘un sera recouvert de sable fin / L‘autre de pierres et de cailloux durs / Prends le moins beau, car / Il te conduira au Bonheur

Pascale Hugues dresse avec empathie et une subtile ironie le portrait d‘une génération de femmes qui n‘étaient pas les enfants du direct après-guerre et qui étaient „nées trop tard“ pour comprendre ce que la césure de mai ‘68 avait provoqué dans la vie de leurs aînés. Leur „cohorte démographique informe“ écrivait des vers aux accents masochistes dans l‘album de poésie, puis a été contrainte de travailler jeune pour gagner de quoi vivre et a dû renoncer à faire des études secondaires.

On comprend à la lecture de ce livre que cette génération „sans contours“ née en 1959 a néanmoins fait ses preuves. Pascale Hugues a réussi un coup de maître: son portrait de groupe est chargé d‘affection et de loyalité pour ces femmes sans pour autant masquer les différences qui existaient en continuent d’exister entre les anciennes camarades de classe. Et cela ne nuit en aucun cas à leur amitié, qui, après tant d‘années, a connu une belle renaissance.

 

Livres de Pascale Hugues:

L’école des filles, Les arènes, 2021, Paris

Was ist das? Chroniques d‘une Française à Berlin, Les arènes, Paris 2017

La robe de Hannah, Berlin 2014, Les arènes, Paris 2014

Marthe et Mathilde, l‘histoire vraie d‘une incroyable amitié, 1902-2001, Les arènes, Paris 2009

Le bonheur allemand, Éditions du Seuil, Paris 1998

 

Coup de cœur:

Barbara Honigmann: Unverschämt jüdisch. Carl Hanser Verlag, München, August 2021

Folge 10: Zwischen den Welten – Begegnungen mit der Schriftstellerin Cécile Wajsbrot und der Übersetzerin Karin Uttendörfer

Deutsch Français
Deutsch Français
Folge 10: Zwischen den Welten - Begegnungen mit der Schriftstellerin Cécile Wajsbrot und der Übersetzerin Karin Uttendörfer
/

Zwischen den Welten – Begegnungen mit der Schriftstellerin Cécile Wajsbrot und der Übersetzerin Karin Uttendörfer

 

Ein Dokumentarfilm, der vom Leben in Tschernobyl vor der Reaktorkatastrophe und der Renaturierung der menschenleeren, „verbotenen Zone“ handelte, sprach die Schriftstellerin Cécile Wajsbrot direkt an. Beim Anblick der (immer noch kontaminierten) Kornfelder, Bäche und Wiesen rezitierte sie innerlich Sätze aus Virginia Woolfes To the Lighthouse. Woolfes Roman erzählt vom Zerfall eines Hauses, das unweigerlich von der Natur überwuchert wird. Für Menschen ist darin kein Platz mehr. Langsam nahm der Gedanke Form an, einen Roman zu schreiben, in dem sich Reflexionen über von der Natur verwandelte urbane Räume mit der subtilen Arbeit des Übersetzens eben jenes ästhetisch hoch anspruchsvollen Romans von Virginia Woolfe verweben.

Im Zentrum von Cécile Wajsbrots neuer Prosa Nevermore steht eine Übersetzerin. Sie ist die Ich-Erzählerin. Zuhause ist sie in Paris. Um den englischen Text ins Französische zu übertragen, geht sie aber nach Dresden. Sie glaubt, dass die „einst vom Krieg verwüstete Stadt“ der richtige Ort ist, um über „die Verwüstungen der Zeit“ nachzudenken. Sie möchte das Gefühl von Fremdheit auskosten, ins Zwiegespräch kommen mit ihren inneren Geistern und den plötzlich aufscheinenden Schatten vertrauter Verstorbener erhaschen.

Nevermore spielt subtil auf Edgar Allan Poes Gedicht The Raven an. Nein, die Toten lassen sich nicht zum Leben erwecken. Und ja, „auch der Tod muss seine Arbeit verrichten dürfen und sich vom Leben entfernen“. Es ist ganz wunderbar, wie Cécile Wajsbrot für jedes ihrer Bücher einen neuen Ton und eine spezielle Struktur findet. Seit Jahren wird immer offensichtlicher, welche Rolle die Musik für ihr Schreiben spielt – und wie gut es ihr gelingt, Texte zu komponieren, in denen Stimmen einander überlagern. Sie sind wie Partituren verfasst.

Die in Frankreich lebende Schriftstellerin und Übersetzerin Anne Weber hat – nun schon zum zweiten Mal – einen Roman von Cécile Wajsbrot ins Französische übersetzt. Kongenial.

Die literarische Übersetzerin Karin Uttendörfer „fremdelt“ mit dem Begriff der Kongenialität. Im September 2021 hat sie, zusammen mit der franko-japanischen Lyriker und Autorin Ryoko Sekiguchi, in Tübingen den neu gestifteten Prix Premiere erhalten: für Nagori. Die Sehnsucht nach der von uns gegangenen Jahreszeit. Der Preis geht an Autor:innen, von denen zum ersten Mal ein Buch ins Deutsche übersetzt worden ist, und zugleich werden auch die Übersetzer:innen geehrt.

In unserer Folge schildert Karin Uttendörfer das hochkomplexe Konzept, für das das japanische Wort Nagori steht und sie beschreibt, wie ihre sinnliche Wahrnehmung sich während des Übersetzungsprozesses verfeinerte und sie noch achtsamer zu leben begann. „Nagori steht vor allem für die spürbare Präsenz einer Sache oder Person, insbesondere einer Jahreszeit, die schon vergangen oder gerade am Verschwinden ist. Und diesem Verschwinden wohnt immer schon die Sehnsucht nach Wiederkehr und damit die Hoffnung auf einen Neubeginn inne. Weiter gefasst bezeichnet es das, was zurückbleibt.“ Ein Kind hat seine Eltern verloren, aber sie werden von all jenen erinnert, die sie zu Lebzeiten gekannt haben. Am Ende einer Saison bleiben stets ein paar Früchte oder vereinzelte Blüten an den Ästen der Bäume hängen. Nagori „evoziert immer auch einen Abschiedsschmerz“.

 

Kleine Auswahl aus dem Oeuvre von Cécile Wajsbrot:

Nevermore. Roman. Übersetzt von Anne Weber. Wallstein Verlag, Göttingen, Juli 2021

Zerstörung. Übersetzt von Anne Weber. Wallstein Verlag, Göttingen, 2020

Totale éclipse, Übersetzt von Nathalie Mälzer. Matthes & Seitz, Berlin 2016

Aus der Nacht, Übersetzt von Holger Fock und Sabine Müller. Liebeskind, München 2008

Mann und Frau den Mond betrachtend. Übersetzt von Holger Fock und Sabine Müller. Liebeskind, München 2002

 

Ryoko Sekiguchi:Nagori. Die Sehnsucht nach der von uns gegangenen Jahreszeit. Übersetzt von Karin Uttendörfer. Matthes & Seitz, Berlin, 2020

 

Hinweis: Claudia Andujar, La Lutte Yanomami/ Der Überlebenskampf der Yanomami, ab 23.10.21- 13.02.22 im Fotomuseum Winterthur

 

Der Prix Premiere wird vom Deutsch-Französischen Kulturinstitut Tübingen, dem Bureau du livre des Institut français Deutschland und dem Verein der Freunde des Instituts Tübingen gestiftet. Er ist mit 1000 € pro Person dotiert.

Aktuelle Shortlist für den Prix Premiere 2022:

Antoine Wauters: Denk an die Steine unter deinen Füßen. Roman. Übersetzt von Paul Sourzac. Secession Verlag, September 2021

Julia Kerninon: Du wirst es niemals sagen. Übersetzt von Hanna van Laak. Karl Blessing Verlag, Mai 2021

Pascal Janovjak: Der Zoo in Rom. Übersetzt von Lydia Dimitrow. Lenos Verlag, April 2021

 

 

 

 

 

Épisode 10: Entre les mondes- rencontres avec l’écrivaine Cécile Wajsbrot et la traductrice Karin Uttendörfer

version français
version français
Épisode 10: Entre les mondes- rencontres avec l'écrivaine Cécile Wajsbrot et la traductrice Karin Uttendörfer
/

Entre les mondes – Rencontres avec l‘écrivaine Cécile Wajsbrot et la traductrice Karin Uttendörfer

Cécile Wajsbrot nous a dit avoir été intriguée par un film documentaire sur la vie à Tschernobyl avant la catastrophe nucléaire et sur la renaturation de la zone interdite privée de ses anciens habitants. En regardant les champs de blé – qui sont toujours contaminés -, les rivières et les prairies, elle se récitait intérieurement des phrases du texte de Virginia Woolf To the lighthouse. Le roman de Woolfe raconte la dégradation d‘une maison envahie inéluctablement par la végétation et dans laquelle les humains n’ont plus leur place.

Lentement, l‘idée d‘écrire un roman a pris forme – un roman qui mêlerait une réflexion sur les modifications que la nature apporte aux espaces urbains et un travail subtil de traduction de ce roman esthétiquement si ambitieux de Virginia Woolfe.

Le personnage principal de Nevermore, le nouveau roman de Cécile Wajsbrot, est une traductrice. Elle en est la narratrice,  est originaire de Paris mais pour traduire le texte anglais de Woolfe, elle a décidé d‘aller à Dresde. Elle pense que la ville, autrefois dévastée par la guerre, est l‘endroit idéal pour réfléchir aux „dévastations du temps“. Elle aimerait savourer ce sentiment d‘être étrangère et saisir les ombres de proches disparus qui semblent soudain lui apparaître.

Le titre Nevermore est une allusion au poème d‘Edgar Allan Poe The Raven. Non, les morts ne reviennent pas à la vie. Et oui, „même la mort a un travail à accomplir en éloignant les morts des vivants“. Dans chacun de ses livres, Çécile Wajsbrot trouve un ton différent et construit une structure nouvelle pour notre plus grand plaisir. Depuis des années, on constate que la musique joue un rôle grandissant dans son écriture et qu’elle compose subtilement des textes dans lequel diverses strates se superposent, telles des partitions de musique.

 

Anne Weber est une écrivaine et traductrice allemande qui vit en France. Elle a pour la deuxième fois un roman de Cécile Wajsbrot. Et l‘a fait de manière extraordinaire,

La traductrice littéraire Karin Uttendörfer quant à elle, a reçu avec Ryoko Sekiguchi le tout nouveau Prix Première qui leur a été remis en septembre dernier à Tübingen pour le livre Nagori, la nostalgie de la saison qui vient de nous quitter. Ryoko Sekiguchi est une autrice franco-japonaise qui publie également des poèmes.

Le Prix Première est attribué à des auteurs et autrices dont un livre est traduit pour la première fois en Allemand – et aux traducteurs et traductrices dont émane la traduction.

Dans notre épisode, Karin Uttendörfer nous parle du concept japonais de „Nagori“ et elle nous décrit la façon dont ses perceptions sensorielles se sont affinées pendant le travail de traduction de ce roman et comment elle s‘est alors mise à vivre de manière plus consciente. „Nagori“ signifie surtout la présence sensible d‘un objet ou d‘une personne, et plus particulièrement d‘une saison qui est déjà passée ou qui vient de s‘achever. “C‘est un moment dans lequel se trouvent la nostalgie du retour de la saison et, de ce fait, aussi l‘espoir d‘une renaissance. On pourrait dire, de manière générale, que ce concept se rapporte à tout ce qui reste”.

Un enfant a perdu ses parents mais ceux-ci sont présents dans les récits de tous ceux qui les ont connus. À la fin d‘une saison, il reste par endroits des fleurs solitaires ou des fruits qui pendant aux arbres nus. “Nagori veut aussi toujours parler de la douleur des adieux.“

 

Petite liste – non exhaustive – des livres de Cécile Wajsbrot:

Nevermore, Le Bruit du temps, Paris 2021

Destruction, Le Bruit du temps, 2019

Mémorial, 2005, nouvelle edition, Le Bruit du temps, Paris 2019

Totale éclipse, Christian Bourgeois Éditeur, Paris 2014

Fugue, Éditions Estuaire, 2005

Caspar-Friedrich-Strasse, Zulma, Paris 2002

 

Ryoko Sekiguchi: Nagori. La nostalgie de la saison qui vient de nous quitter. P.O.L., Paris 2018

À découvrir: Claudia Andujar, La Lutte Yanomami/ Der Überlebenskampf der Yanomami, exposition au musée de la photographie à Winterthur du 23.10.21- 13.02.22

 

Le Prix Première a été instauré par l’Institut Culturel franco-allemand de Tübingen, le Bureau du Livre de l’Institut Français en Allemagne et l’Association des Amis de l’Institut de Tübingen. Il est doté à hauteur de 1.000 Euro par personne primée.

Sont en lice pour l‘édition 2022 les trois textes suivants:

Antoine Wauters: Penses aux pierres sous tes pas, Verdier, Paris 2018

Julia Kerninon: Liv Maria, L’Iconoclaste, Paris 2020

Pascal Janovjak: Le zoo de Rome. Actes Sud, 2019