Folge 30: Das schillernde, unvollkommene Leben eines schwarzen Schwans – ein Gespräch mit dem Schauspieler Michael Evers über seinen Roman „Vinck. Jean-Marie Vinck“

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Folge 30: Das schillernde, unvollkommene Leben eines schwarzen Schwans – ein Gespräch mit dem Schauspieler Michael Evers über seinen Roman „Vinck. Jean-Marie Vinck“
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Michael Evers war 23 als er 1969 ans Zürcher Theater am Neumarkt geholt wurde. Er studierte Germanistik, setzte seine Schauspielkarriere an Bühnen in Basel, Köln, Bonn, Hamburg und Berlin fort, nahm Fernsehrollen an und war jahrzehntelang ein viel gefragter Sprecher in Hörspiel-, Feature- und Audiobuchproduktionen. 2016 publizierte er seinen Debütroman Ortsfremde, 2023 den Roman Vinck. Jean-Marie Vinck

Hans Finkelstein wuchs in Wien auf. Sein Vater war als Kleinkind mit den Eltern nach Schanghai fliehen, kehrte nach dem Zweiten Weltkrieg nur widerwillig nach Österreich zurück, schlug dann aber eine Karriere als Diplomat ein. Hans‘ mütterliche Familie konnten sich nach Palästina retten. Seine Mutter wurde Israelin und eine unglückliche Frau in Wien. Hans rebelliert gegen das Schweigen seiner Eltern und Großeltern über die Entbehrungen des Exils, über Verwandte, die in Lagern ermordet wurden, und über Kompromisse, die sie als Rückkehrer eingingen. Sie blieben dienstbar in einer Gesellschaft, die ihre Ressentiments gegen Juden nicht verhehlte. Hans „emigrierte“ nach Paris, französisierte seinen Namen und begann als Modedesigner erfolgreich mit Kleidern Geschichten zu erzählen – bis eine Krise ihn, den Spieler, der die Gabe besitzt, „der jeweils Andere zu sein“, in eine existenzielle Krise stürzt.

Michael Evers verhandelt in seinem Roman Grundfragen: Was macht mich im Kern aus? Wo komme ich her und wo gehöre ich hin? Wo will ich sein? Was habe ich falsch gemacht und was richtig? Welche Fehler lassen sich gutmachen?

Er erzählt von Generationenkonflikten; von Menschen, die ins Exil gezwungen wurden und zurückkommen in ihr Heimatland, das die Vertriebenen nur unwillig aufnimmt; von Kindern, die sich vom Leben der Eltern und Großeltern ausgeschlossen fühlen; von Liebe, Verblendung und Verantwortungslosigkeit, von den Versuchen, umzukehren, vom Scheitern, vom sich aussöhnen mit dem, was man ist. „Am Ende“, so Michael Evers im Gespräch, „bleibt Vinck nichts anderes übrig, als zu sagen, so war es, so ist es passiert und mich da jetzt noch einmal einzubringen, das führt zu keinem Ziel“. Dem Theatermacher und Menschenkenner George Tabori fühlt er sich verbunden und Samuel Beckett, der wusste, dass wir fortwährend „ scheitern, immer scheitern, wieder scheitern, besser scheitern“.

Bücher von Michael Evers:

Hörbücher (Auswahl)

Hörspiele (Auswahl)

Épisode 30: La vie éblouissante et imparfaite d’un cygne noir – un entretien avec l’acteur Michael Evers sur son roman „Vinck. Jean-Marie Vinck“

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Épisode 30: La vie éblouissante et imparfaite d'un cygne noir - un entretien avec l'acteur Michael Evers sur son roman „Vinck. Jean-Marie Vinck“
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Michael Evers avait 23 ans lorsqu’il a été engagé au Zürcher Theater am Neumarkt en 1969. Il a fait des études de lettres modernes, a poursuivi sa carrière d’acteur sur les scènes de Bâle, Cologne, Bonn, Hambourg et Berlin, a accepté des rôles à la télévision et a été pendant des décennies un narrateur très apprécié dans les productions de pièces radiophoniques, de reportages et de livres audio. En 2016, il a publié son premier roman Ortsfremde, et en 2023 le roman Vinck. Jean-Marie Vinck.

Dans son roman, Michael Evers aborde de questions essentielles : qu’est-ce qui me définit fondamentalement? D’où est-ce que je viens et où est-ce que j’appartiens? Où est-ce que je souhaite être? Qu’est-ce que j’ai fait de mal et de bien? Y-a-t-il des erreurs que je puisse réparer?

Il parle de conflits de générations; de personnes contraintes à l’exil et revenant dans leur pays d’origine, qui ne les accueille qu’à contrecœur; d’enfants qui se sentent exclus de la vie de leurs parents et de leurs grands-parents; d’amour, d’aveuglement et d’irresponsabilité, d’échecs et des efforts de se réconcilier avec ce que l’on est. „A la fin“, déclare Michael Evers lors de l’entretien, „Vinck devra accepter que les choses soient telles qu’elles sont. S’engager davantage ne mènera à rien“. Il se sent proche de George Tabori, homme de théâtre et fin connaisseur des hommes, qui savait que nous „échouons continuellement, échouons toujours, échouons encore, échouons mieux“.

Livres de Michael Evers:

Folge 29: Der blaue Koffer der Familie Samosch. David Dambitsch erinnert an die Geschichte einer jüdischen Buchhändlerfamilie aus Breslau

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Folge 29: Der blaue Koffer der Familie Samosch. David Dambitsch erinnert an die Geschichte einer jüdischen Buchhändlerfamilie aus Breslau
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Seit vier Jahrzehnten dokumentiert der Hörfunkjournalist und Sachbuchautor David Dambitsch Lebenswege und Lebensleistungen von Menschen, die im 20. Jahrhundert durch den Vernichtungswillen der Nationalsozialisten und ein kulturell tief verwurzeltes Ressentiment gegen Juden aus ihren vertrauten Lebenszusammenhängen gerissen, vertrieben und umgebracht wurden. Er tut dies engagiert und mit großer Einfühlsamkeit. David Dambitsch will verstehen, aufklären, bezeugen und bewahren. Seine jüngste dokumentarische Erzählung, die das Schicksal der in Breslau beheimateten, mit ihm verwandten jüdischen Buchhändlerfamilie Samosch nachzeichnet, lässt ahnen, wie viel Beharrungs- und Durchsetzungsvermögen der heute 65 Jahre alte Autor besitzt, denn trotz fehlender Kooperationsbereitschaft seitens amtlicher Stellen erwirkte er Zugang zu Informationen, die langlebige Lügen und verdeckte Wahrheiten enthüllen. Und dennoch – auch das ist Ausdruck seiner Redlichkeit – räumt er im Vorwort seines Buches ein, dass trotz jahrzehntelanger Recherchen manches offenblieb: „Es waren wirre Zeiten“.

David Dambitschs Vater war es gelungen, während des Zweiten Weltkriegs in Berlin unterzutauchen. Wil Dambitsch, der bei Kriegsende 19 Jahre war, erzählte dem Sohn „von auf der Flucht erschossenen Freunden, von Hunger, Angst und Versteck. Vieles wurde nur angedeutet, rutschte ihm eher heraus, als dass er es wirklich beschrieb“. Als Jugendlicher beschloss der Nachgeborene, Lücken zu füllen und die persönliche Geschichte – wie der niederländische Rabbiner Edward van Voolen im Vorwort zu Der blaue Koffer der Familie Samosch festhält – als Teil eines größeren Ganzen zu begreifen und zu erzählen.

Die Geschichte seiner in vielen Ländern verstreut lebenden Familie sowie frühe Begegnungen mit Angehörigen jener Offiziere, die Hitler am 20. Juli zu töten versuchten, die Freundschaft mit dem evangelischen Theologen und NS-Gegner Helmut Gollwitzer und der deutsch-israelischen Schriftstellerin Inge Deutschkron prägten David Dambitschs Weg. Interviews mit international renommierten Historikern vertieften das Wissen um „verschüttetes Erbe“ und fortwirkende Geschichtsklitterungen. Anhand von persönlichen Erinnerungen, Briefen, Fotografien, Zeitungsartikeln, Archivalien und geschichtlich-literarischen Zeugnissen (etwa von Hans Sahl, Alfred Kerr, Norbert Elias oder Fritz Stern) rekonstruiert und reflektiert David Dambitsch in Der blaue Koffer der Familie Samosch auf eindrucksvolle Weise die Geschichte von fünf Cousins aus zwei jüdischen Familien. Sie waren um ihre Existenzgrundlagen, teilweise ihr Leben beraubte „moderne Europäer“, die – mit den Worten Edward van Voolens – „vergeblich darauf gehofft hatten, dass das Versprechen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit auch für sie gelten würde“.

 

Bücher von David Dambitsch:

  • Der blaue Koffer der Familie Samosch. Briefe und Erinnerungen. 208 S., Hardcover mit Schutzumschlag, s/w Abbildungen, Marix Verlag, Wiesbaden, 2023
  • Im Schatten der Shoah : Gespräche mit Überlebenden und deren Nachkommen, PHILO Verlag, Berlin/Wien 2002

Hörbuch-CDs:

  • Kraft ist das, was ich brauche…”. Käthe Kollwitz und ihre Familie. Käthe Kollwitz-Museum und Deutschlandfunk Kultur, Berlin, 2020
  • Auf den Einzelnen kommt es an. Michael Blumenthal und sein Lebenswerk. Membran Music Ltd. und Deutschlandfunk, Hamburg, 2011  
  • Innen und Aussen: Der Historiker Saul Friedländer, Membran Music Ltd. und Deutschlandfunk, Hamburg, 2010
  • Weil ich überall auf der Welt zuhause bin. Das Leben des Berliner Philharmonikers Hellmut Stern. Mit Erinnerungen von Daniel Barenboim. AirPlay-Audio und Deutschlandfunk, München, 2007
  • „Eine Dame von Welt“. Die politische Journalistin Margret Boveri (1900-1975). Mit Erinnerungen von Richard Freiherr von Weizsäcker, Egon Bahr, Hans Magnus Enzensberger, Joachim C. Fest, Uwe Johnson und Nicolas Becker. AirPlay-Audio und Deutschlandradio Berlin, München, 2005     
  • Stimmen der Geretteten. Berichte von Überlebenden der Shoah. radio bremen, Deutschlandradio Berlin, NDR, Der Audio Verlag, Bremen, 2002

Épisode 29: La valise bleue de la famille Samosch. David Dambitsch retrace l’histoire d’une famille de libraires juifs de Breslau

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Épisode 29: La valise bleue de la famille Samosch. David Dambitsch retrace l'histoire d'une famille de libraires juifs de Breslau
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Depuis quatre décennies, le journaliste radio et auteur de livres non fictionels David Dambitsch documente les parcours de personnes qui, au 20e siècle, ont été arrachées à leur cadre de vie familier, chassées et assassinées par la volonté d’extermination des nationaux-socialistes et par un ressentiment général profondément enraciné contre les juifs. Il le fait avec engagement et une grande empathie. David Dambitsch veut comprendre, éclairer, témoigner et préserver. Son dernier récit documentaire, qui retrace le destin de la famille de libraires juifs Samosch, originaire de Breslau (aujourd’hui Wroclaw) et apparentée à l’auteur, laisse entrevoir la capacité de l’auteur, aujourd’hui âgé de 65 ans, à persévérer et à s’imposer, car malgré le manque de coopération des services officiels, il a obtenu l’accès à des informations qui révèlent des mensonges et des vérités cachées. Et pourtant – c’est aussi l’expression de son honnêteté – il reconnaît dans la préface de son livre que, malgré des décennies de recherches, tout n’a pas pu être éclairé complètement : „C’était une époque confuse“.

Le père de David Dambitsch avait réussi à se cacher à Berlin pendant la Seconde Guerre mondiale. Wil Dambitsch, qui avait 19 ans à la fin de la guerre, a parlé à son fils « d’amis abattus pendant la fuite », morts de faim et de peur ou parce que la cachette n’était pas sûre. « Beaucoup de choses », rappèle l’auteur, « n’étaient qu’évoquées, lui échappaient plus qu’il ne les décrivait vraiment“. A l’adolescence, David Dambitsch a décidé de combler les lacunes. Dans son dernier livre il raconte raconte son histoire personnelle – comme le note le rabbin néerlandais Edward van Voolen dans la préface de La valise bleue de la famille Samosch – comme « une partie d’un ensemble plus vaste ».

L’histoire de sa famille dispersée dans de nombreux pays ainsi que les rencontres précoces avec les proches des officiers qui ont tenté de tuer Hitler le 20 juillet, l’amitié avec le théologien protestant et opposant au nazisme Helmut Gollwitzer et l’écrivaine israélo-allemande Inge Deutschkron ont marqué le parcours de David Dambitsch. Des entretiens avec des historiens de renommée internationale ont permis d’approfondir les connaissances sur „l’héritage enfoui“ et les distorsions historiques persistantes. À l’aide de souvenirs personnels, de lettres, de photographies, d’articles de journaux, de documents d’archives et de témoignages historiques et littéraires (par exemple de Hans Sahl, Alfred Kerr, Norbert Elias ou Fritz Stern), David Dambitsch reconstitue et réfléchit de manière impressionnante dans La valise bleue de la famille Samosch à l’histoire de cinq cousins issus de deux familles juives. Il s’agissait d'“Européens modernes“ privés de leurs moyens d’existence, parfois de leur vie, qui – pour reprendre les termes d’Edward van Voolen – „avaient espéré en vain que la promesse de liberté, d’égalité et de fraternité s’appliquerait aussi à eux“.

Livres de David Dambitsch:

  • Der blaue Koffer der Familie Samosch. Briefe und Erinnerungen. 208 S., Hardcover mit Schutzumschlag, s/w Abbildungen, Marix Verlag, Wiesbaden, 2023
  • Im Schatten der Shoah : Gespräche mit Überlebenden und deren Nachkommen, PHILO Verlag, Berlin/Wien 2002

Livres Audio:

  • Kraft ist das, was ich brauche…”. Käthe Kollwitz und ihre Familie. Käthe Kollwitz-Museum und Deutschlandfunk Kultur, Berlin, 2020
  • Auf den Einzelnen kommt es an. Michael Blumenthal und sein Lebenswerk. Membran Music Ltd. und Deutschlandfunk, Hamburg, 2011  
  • Innen und Aussen: Der Historiker Saul Friedländer, Membran Music Ltd. und Deutschlandfunk, Hamburg, 2010
  • Weil ich überall auf der Welt zuhause bin. Das Leben des Berliner Philharmonikers Hellmut Stern. Mit Erinnerungen von Daniel Barenboim. AirPlay-Audio und Deutschlandfunk, München, 2007
  • „Eine Dame von Welt“. Die politische Journalistin Margret Boveri (1900-1975). Mit Erinnerungen von Richard Freiherr von Weizsäcker, Egon Bahr, Hans Magnus Enzensberger, Joachim C. Fest, Uwe Johnson und Nicolas Becker. AirPlay-Audio und Deutschlandradio Berlin, München, 2005     
  • Stimmen der Geretteten. Berichte von Überlebenden der Shoah. radio bremen, Deutschlandradio Berlin, NDR, Der Audio Verlag, Bremen, 2002

 

Folge 28: Weder Gott noch Meister! Aber Liebe für Isabelle Eberhardt. Ein Gespräch mit Leïla Sebbar

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Folge 28: Weder Gott noch Meister! Aber Liebe für Isabelle Eberhardt. Ein Gespräch mit Leïla Sebbar
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Vor gut 40 Jahren betrat Leïla Sebbar mit Fatima ou Les Algériennes au square die literarische Bühne, bald gefolgt von Shéradzade, 17 ans, brune, frisée, des yeux verts, dem ersten Band der Shéradzade-Trilogie. Seit ihren Anfängen als Schriftstellerin hat Leïla Sebbar alle literarischen Formen erkundet und ein umfangreiches und beeindruckendes Werk geschaffen. Als Tochter einer französischen Mutter und eines algerischen Vaters erforscht sie Themen, die sich ihr geradezu aufgedrängt haben: Migration und Exil, die algerische Kolonialgeschichte, die Zerrissenheit zwischen zwei Ländern und zwei Kulturen, die Suche nach ihrer eigenen Stimme und die Verweigerung der Weitergabe der arabischen Sprache durch ihren Vater.

Anlässlich des 60. Jahrestags der Abkommen von Evian hatte das Netzwerk der universitären Frankreich- und Frankophoniezentren 2022 Veranstaltungen zum Thema „60 Jahre nach dem Algerienkrieg: Erinnern, Bewältigen, Versöhnen“ geplant. Ein Gespräch mit Leïla Sebbar konnte erst im Oktober 2023 an der Freien Universität Berlin stattfinden. Eingeladen wurde die Schriftstellerin von Ulrike Schneider, Professorin am Institut für Romanische Philologie, und Marie Jacquier. Grundlage für die rencontre littéraire waren Sebbars autobiographische Bücher Lettre à mon père, Je ne parle pas la langue de mon père und L’arabe comme un chant secret.

Diese Podcastfolge ist der leicht gekürzte Mitschnitt des von mir moderierten Gesprächs.

 

Bücher von Leïla Sebbar auf Deutsch:

  • Das verbotene Kleid. Aus dem Französischen von Sigrid Köppen, Altberliner Verlag, 1996
  • Gewalt an kleinen Mädchen. Aus dem Französischen von Helga Koletzky, Feministischer Verlag, Naumburg 1980

 

Épisode 28: Ni Dieu ni Maître! Mais de l’amour pour Isabelle Eberhardt. Une conversation avec Leïla Sebbar

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Épisode 28: Ni Dieu ni Maître! Mais de l’amour pour Isabelle Eberhardt. Une conversation avec Leïla Sebbar
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Il y a  bien 40 ans Leïla Sebbar a fait son entrée sur la scène littéraire avec Fatima ou Les Algériennes au square, très vite suivi par Shéradzade, 17 ans, brune, frisée, les yeux verts, le premier tome de la trilogie Shéradzade. Depuis ses débuts d’écrivaine Leïla Sebbar a exploré toutes les formes littéraires, elle a créée une œuvre vaste. Étant la fille d’une mère francaise et d’un père algérien elle explore des thèmes qui se sont imposés à elle : notamment la migration et l’exil, l’histoire coloniale algérienne, la déchirure entre deux pays et deux cultures, la recherche de sa propre voix et le refus de transmission de la langue arabe par son père. Que l’écriture soit une nécessité pour elle – alimentée par le désir de se comprendre soi-même et autrui, notre présent comme le passé – me paraît évident.

Le 24 octobre 2023 Leïla Sebbar fût l’invitée du Frankreichzentrum de la Freie Universität Berlin – représentée par Ulrike Schneider, professeure à l’Institut de philologie romane, et Marie Jacquier, collaboratrice scientifique.  

La rencontre-débat était prévue pour une série de manifestations organisées en 2022 à l’occasion du 60e anniversaire des accords d’Evian par le réseau des centres universitaires de France et de la francophonie sur le thème „60 ans après la guerre d’Algérie : se souvenir, faire face, se réconcilier“. Pour des raisons personnelles, l’entretien avec Leïla Sebbar n’a pu avoir lieu qu’en octobre 2023. J’avais la chance de l’animer. Leïla Sebbar a lu deux extraits de son livre autobiographique Je ne parle pas la langue de mon père.

 

Livres de Leïla Sebbar (un choix) :

  • Lettre à mon père, Bleu autour, 2021
  • Je ne parle pas la langue de mon père suivi de L’arabe comme un chant secret et Sur la colline, une koubba, aquarelles de Sébastien Pignon, Bleu autour, 2021
  • Sous le viaduc – une histoire d’amour, Bleu autour, 2018
  • L’orient est rouge, Elyzad, 2017
  • Parle mon, fils, parle à ta mère, Stock, 1984, réédité sous le titre Parle à ta mère, Elyzad, 2016
  • Dans la chambre, Bleu autour, 2019
  • Une femme à sa fenêtre, nouvelles du grand livre du monde (dessins de Sébastien Pignon), Al Manar-Alain Gorius, 2010
  • Le ravin de la femme sauvage, Thierry Magnier, 2007
  • Mes Algéries en France, Bleu autour, 2004
  • La Seine était rouge. Paris, octobre 1961, Thierry Magnier,1999
  • La jeune fille au balcon, 1996
  • Le fou de Shérazade, Stock 1991,
  • Les carnets de Shérazade, Stock 1985
  • Shérazade, 17 ans, brune, frisée, les yeux verts, Stock, 1982 ; Bleu autour 2010
  • Fatma ou les Algériennes au square, Stock 1981, Elyzad 2010

Folge 27: „Der Blick aus der Ferne schärft die Wahrnehmung“ – ein Gespräch mit der Übersetzerin und Erzählerin Nicola Denis

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Folge 27: "Der Blick aus der Ferne schärft die Wahrnehmung" - ein Gespräch mit der Übersetzerin und Erzählerin Nicola Denis
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Die Bücher von Eric Vuillard und Sylvain Tesson habe ich erst vor drei, vier Jahren entdeckt. Mal lese ich sie auf Deutsch, mal auf Französisch. Vuillard entfaltet Beobachtungen über mehrere Seiten hinweg; er seziert soziale Gesten und politische Vorgänge, er enthüllt, er urteilt. Tesson besticht durch die Präzision, mit der er seine Wege durch Hochgebirge, Gebüsch und Steppe, bei extremer Kälte oder Hitze, beschreibt und mit seiner/ unserer Gegenwart verbindet. Beide Autoren sind hervorragende Stilisten. Nicola Denis überträgt ihre komplexen Werke ins Deutsche – und ich kann die Geschmeidigkeit ihrer Übertragungungen nur bewundern. Sie hat Romane von Olivier Guez und Philippe Lançon übersetzt, von Abigail Assor und Adèle Rosenfeld, Klassiker von Honoré de Balzac, Essays und Texte zur Kunst. Für ihre sprachschöpferische Leistung ist Nicola Denis 2021 mit dem Prix Lémanique de la traduction und jüngst mit dem renommierten Eugen-Helmé-Preis ausgezeichnet worden.

Seit bald 30 Jahren lebt Nicola Denis mit ihrer Familie im Westen Frankreichs. Und dort entstand ihr erster, 2022 veröffentlichter Roman Die Tanten. Marianne, Hanne, Irene und Hilde heißen die vier Stuttgarter Tanten der Ich-Erzählerin Nicola Denis. Sie waren gebildet und finanziell unabhängig, sie heirateten nicht und bekamen keine Kinder. Mit feinem Humor und kritischer Distanz zeichnet Nicola Denis das äußerst lebendige Bild von vier Frauen, die im familiären Gefüge und im schwesterlichen Bund feste Rollen einnahmen, sich mit den Zeitläuften entwickelten, vom Wandel profitierten und sich gelegentlich gegen ihn sträubten.

Während eines Berlin-Besuchs habe ich Nicola Denis eingeladen, mir zu erzählen, wie sie das romaneske Familien-und Zeitpanorama angelegt hat und wie sie ihren Beruf als literarische Übersetzerin begreift.

 

Nicola Denis: Die Tanten, 224 Seiten, Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2022

Nächste Termin für Lesung und Gespräch: 23. September, 15:00, in Tübingen

  1. November, 19:30, in Bad Mergentheim

 

Épisode 27: „Regarder de loin aiguise la perception“ – un entretien avec la traductrice et narratrice Nicola Denis

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Épisode 27: "Regarder de loin aiguise la perception" - un entretien avec la traductrice et narratrice Nicola Denis
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Les livres d’Éric Vuillard et de Sylvain Tesson, je les ai découvert il y a seulement trois, quatre ans. Je les lis tantôt en allemand, tantôt en français. Vuillard dissèque des gestes sociaux et des processus politiques, il révèle, il juge. Tesson séduit par la précision avec laquelle il décrit ses parcours à travers la haute montagne ou la steppe, et sa manière de nouer ses explorations avec notre présent. Tous deux sont des stylistes extraordinaires. Nicola Denis traduit leurs œuvres en allemand – et je ne peux qu’admirer la souplesse de ses traductions. Elle a également traduit des romans d’Olivier Guez et de Philippe Lançon, d’Abigail Assor et d’Adèle Rosenfeld, des classiques d’Honoré de Balzac, des essais et des textes sur l’art. Pour sa prestation, Nicola Denis a été récompensée en 2021 par le Prix Lémanique de la traduction et, plus récemment, par le prestigieux Prix Eugen Helmé.

Depuis bientôt 30 ans, Nicola Denis vit avec sa famille dans l’ouest de la France. Et c’est là qu’elle a écrit son premier roman, Les Tantes, publié chez Klett-Cotta en 2022. Marianne, Hanne, Irene et Hilde sont les quatre tantes souabes de la narratrice Nicola Denis. Nées dans les deux premières décennies du 20e siècle elles étaient financièrement indépendantes, elles ne se sont pas mariées et n’ont pas eu d’enfants. Avec un humour subtil et une distance critique, Nicola Denis dresse le portrait vivant de quatre femmes qui ont évolué avec le temps, qui ont profité du changement de société et parfois s’y sont opposées.

Lors d’une visite à Berlin, j’ai invité Nicola Denis à me raconter comment elle a construit ce panorama romanesque familial et comment elle conçoit son métier de traductrice littéraire.

 

Folge 26: Die Postkarte – ein wahrer Roman von Anne Berest

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Folge 26: Die Postkarte – ein wahrer Roman von Anne Berest
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Anne Berest ist im Theater, im Film und in der Literatur zuhause. Sie gründete eine Theaterzeitschrift, sie bekam Filmrollen, schrieb am Drehbuch für die erfolgreiche Fernseh-Serie „Mytho“ mit und arbeitete mit ihrer Schwester, der Schriftstellerin Claire Berest, die Geschichte ihrer Urgroßmutter Gabriële Buffet Picabia auf. Gabriële Buffet war Komponistin und Kunstkritikerin, die Ehefrau des Malers Francis Picabia, die Geliebte von Marcel Duchamps, eine enge Freundin von Igor Strawinsky und vielen anderen Künstlern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.1942 schmuggelte sie Anne Berests Großmutter im Kofferraum eines Autos in die noch unbesetzte Zone und rettete so deren Leben.

Aus einem Packen Neujahrspost zog Anne Berests Mutter am 6. Januar 2003 eine absenderlose Karte. Mit unbeholfener Schrift hatte jemand die Namen Ephraïm Emma Noémie Jacques notiert. Sonst nichts. Es waren die Vornamen ihrer 1942 in Auschwitz ermordeten Großeltern, ihrer Tante und ihres Onkels. Anne Berest stellte ihrer Mutter damals keine Fragen. Die Postkarte verschwand in einer Schublade.

Anne Berests Großmutter Myriam, die ältere Schwester von Noémie und Jacques, hatte als einzige ihrer Familie den Zweiten Weltkrieg überlebt. Als Kind hatte die 1979 geborene Autorin oft den abwesenden Blick der Großmutter aufgefangen. Was es bedeutete, jüdisch zu sein, konnte sie lange Zeit nicht ermessen. Mutter und Großmutter sprachen nie ein Wort über das Leben der aus Russland kommenden, über Lettland und Palästina nach Frankreich eingewanderten Vorfahren. 2018 geschah allerdings etwas, dass das Schweigen über Herkunft und Schicksal der Angehörigen aufbrechen sollte.

In ihrem mit vielen Literaturpreisen ausgezeichneten „wahren Roman“ rekonstruiert und imaginiert Anne Berest das Leben ihrer Vorfahren. Und die ermittelnde Spurensuche wird schließlich identitätsstiftend wirken.

Bücher von Anne Berest (Auswahl) :

Buchtipp:

Épisode 26: La carte postale – le roman vrai d’Anne Berest

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Épisode 26: La carte postale – le roman vrai d'Anne Berest
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Anne Berest a fondé une revue de théâtre avant ses débuts de romancière. Elle a tourné dans des films, a coécrit le scénario de la série télévisée à succès „Mytho“ et a travaillé avec sa sœur, l’écrivaine Claire Berest, sur l’histoire de son arrière-grand-mère Gabriële Buffet Picabia. Gabriële Buffet était compositrice et critique d’art, l’épouse du peintre Francis Picabia, la maîtresse de Marcel Duchamps, une amie proche d’Igor Stravinsky et de nombreux autres artistes de la première moitié du XXe siècle. En 1942, elle a sauvé la vie de la grand-mère d’Anne Berest en la faisant passer clandestinement dans le coffre d’une voiture dans la zone encore non occupée.

Le 6 janvier 2003, la mère d’Anne Berest a sorti d’un paquet de courrier du Nouvel An une carte sans expéditeur. D’une écriture maladroite, quelqu’un avait noté les noms de Ephraïm Emma Noémie Jacques. Rien d’autre. Il s’agissait des prénoms de ses grands-parents, de sa tante et de son oncle, assassinés à Auschwitz en 1942. Anne Berest n’a pas posé de questions à sa mère à l’époque. La carte postale a disparu dans un tiroir.

La grand-mère d’Anne Berest, Myriam, la sœur aînée de Noémie et Jacques, était la seule de sa famille à avoir survécu à la Seconde Guerre mondiale. Enfant, l’auteure, née en 1979, avait souvent capté le regard absent de sa grand-mère. Pendant longtemps, elle n’a pas pu mesurer ce que signifiait être juive. Sa mère et sa grand-mère n’ont jamais dit un mot sur la vie de ses ancêtres venus de Russie, immigrés en France fin des années 1920 via la Lettonie et la Palestine. En 2018, il s’est pourtant passé quelque chose qui allait briser le silence sur les origines et le destin des membres de la famille.

Dans La carte postale, Anne Berest reconstitue et imagine la vie de ses ancêtres. Son roman est une quête initiatique qui va forger une identité.

Livres d’Anne Berest (un choix) :

Le Coup de cœur de Nicola Denis: