Folge 09: Hab keine Angst, erzähl alles! Esther Dischereit über das Attentat von Halle und die Stimmen der Überlebenden

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Folge 09: Hab keine Angst, erzähl alles! Esther Dischereit über das Attentat von Halle und die Stimmen der Überlebenden
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Hab keine Angst, erzähl alles! Esther Dischereit über das Attentat von Halle und die Stimmen der Überlebenden

Esther Dischereit schreibt Lyrik und Prosa, Essays und Hörstücke. Sie arbeitete mit Tänzer*innen und Musiker*innen, hat Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst in Wien gelehrt und in den letzten zwei Jahrzehnten immer wieder Poetik-Vorlesungen und Seminare an US-amerikanischen Hochschulen gegeben. Ihre Stimme – nicht nur als Autorin der zweiten Generation nach der Shoa – ist unverzichtbar.

Esther Dischereit kultiviert, wie Aleida Assmann, Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels, im Nachwort zum Buch Mama, darf ich das Deutschlandlied singen festhält, ein „Langzeitgedächtnis für die Mutigen und Einsatzbereiten“. Wie entschieden die Autorin sich in politische Angelegenheiten einmischt und wie viel ihr daran liegt, demokratische und solidarische Prozesse voran zu bringen, zeigt sich auch in der Beharrlichkeit, mit der sie den 2013 begonnenen NSU-Prozess verfolgt hat. In ihrem Buch Blumen für Otello – es ist eine Sammlung von Klageliedern, die 2014 in einer deutsch-türkischen Ausgabe erschienen sind – spürt sie die Lücken auf, die im Leben von Angehörigen der Mordopfer des NSU klaffen. Esther will verstehen. Sie will wissen, warum Verbrechen begangen wurden und woran es mangelt, dass eine vollständige Aufklärung nicht gelingt.

Am 9. Oktober 2019 – an Yom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag – scheiterte ein junger Mann daran, die Synagoge in Halle zu stürmen und alle darin im Gebet versammelten Juden und Jüdinnen zu töten. Er erschoss eine Frau auf offener Straße und einen jungen Mann in einem Döner-Imbiss. Auf der Flucht verletzte er ein Paar schwer. In der Synagoge befanden sich mehrere Gläubige, deren Muttersprache Englisch ist. Weil die Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Halle Deutsch und Russisch sprechen, ahnte Esther Dischereit, dass die Betroffenen Hilfe bräuchten, um eine angemessene soziale Betreuung und eine Rechtsvertretung zu finden. Sie fuhr nach Halle. Später beobachtete sie den in Magdeburg geführten Prozess, sprach mit Überlebenden, mit den Anwälten der Nebenkläger, und Einzelpersonen, die vor dem Gericht Solidarität mit den Angegriffenen demonstrierten.

So entstand das Buch Hab keine Angst, erzähl alles! Es ist ein wertvolles Dokument, in dem die Stimmen der Überlebenden der Attentate, Gerichtsprotokolle, Reden der Anwälte, Interviews und Porträts einzelner Nebenkläger abgedruckt sind. Und es legt den Finger auf wunde Punkte wie das von Zeugen beklagte fehlende polizeiliche Engagement und das Einstellen von Ermittlungen durch das BKA. In der jüdischen Tradition, sagt Esther Dischereit, müsse dokumentiert werden. Es wurden Zeugnisse in der Erde vergraben, ohne dass man gewusst habe, wer wann diese Papiere finden und lesen werde. Sie fühlt sich in dieser Tradition stehend und nimmt die „Verpflichtung“ an: „Was geschehen ist, muss beschrieben werden um seiner selbst willen. Das Dokument muss da sein, weil erinnert werden muss.“

Erzähl alles! Die in New York lebende Großmutter der Rabbinerin Rebecca Blady beauftragte die Enkelin ausdrücklich, vor Gericht ohne Angst zu sprechen. Sie hatte seinerzeit keine Möglichkeit gehabt, vor einem deutschen oder einem internationalen Gericht anzuklagen, was ihr im Konzentrationslager geschehen war. Es berührt, wie die Enkelin im Prozess an das Leid ihrer verschwiegenen Großmutter erinnert, und ihre Worte machen deutlich, wie notwendig es ist, rechtsextremistischen, reuelosen Mördern und ihren Netzen heute zu begegnen.

Esther Dischereit: Hab keine Angst, erzähl alles! Das Attentat von Halle und die Stimmen der Überlebenden. Herder Verlag, Freiburg, 28.09.2021

Mama, darf ich das Deutschlandlied singen. Politische Texte. Mandelbaum Verlag, Wien-Berlin, 2020

Sometimes a Single Leaf. Ausgewählte Gedichte / Selected Poems Translated & introduced by Iain Galbraith. Arc Publications, Todmorden, UK, 2020

2021/22 werden die Gedichte auch auf Spanisch erscheinen.

Eine Auswahl weiterer Publikationen (Prosa, Gedichte, Essays, Herausgaben) von Esther Dischereit:

Garz Literarische Feldforschung. Ein Dorf in Sachsen-Anhalt, Deutschland. Studierende des Instituts für Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst, Wien, Mitteldeutscher Verlag, Halle, 2017

Großgesichtiges Kind / The Child With The Big Face, ins Englische übertragen von Iain Galbraith. Walter de Gruyter, Edition: ‚angewandte, Berlin/ München/ Boston 2015

„Die Mauern waren dick hier.“ Partikel vom Großgesichtigen Kind. Komposition und Gitarre: Frank Wingold, SWR Tandem Esther Dischereit und Marcus Meyer, 2. Juni 2015

Blumen für Otello. Über die Verbrechen von Jena. Klagelieder // Otello için Çiçekler. Jena Cinayetlerine Dair. Ağitlar, in deutscher und türkischer Sprache. Aus dem Deutschen übersetzt ins Türkische von Saliha Yeniyol. s.edition im Secession Verlag für Literatur, Zürich 2014. Das Buch wird 2022 bei Seagull Books auf Englisch erscheinen.

Blumen für Otello; Regie: Guiseppe Maio, Musik: Lutz Glandien, DeutschlandRadio Kultur 2014

Vor den Hohen Feiertagen gab es ein Flüstern und Rascheln im Haus.//Before the Holy Days the House Was Full of Whisperings an Rustlings. Dülmen Eichengrünplatz. Gedichte. AvivA, Berlin, 2009

Der Morgen an dem der Zeitungsträger. Erzählungen, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2007,

Joëmis Tisch. Eine jüdische Geschichte, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1988

Esther Dischereit hat für uns die Gedichte 1866 Gasthaus zum Lamm und Die Gewesenen aus dem zweisprachigen Band Sometimes a Single Leaf gelesen.

Folge 08: Nachsalzen, natürlich! Günter Grass‘ Küche, Der Butt und unveröffentlichte Prosa von Carmen Francesca Banciu

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Folge 08: Nachsalzen, natürlich! Günter Grass‘ Küche, Der Butt und unveröffentlichte Prosa von Carmen Francesca Banciu
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Nachsalzen, natürlich!

Günter Grass‘ Küche, Der Butt und unveröffentlichte Prosa von Carmen Francesca Banciu

Carmen Francesca Banciu hat Bukarest vor 30 Jahren verlassen und Berlin „zu ihrem Paris“ gemacht. Kunstvoll fremdet sie die deutsche Sprache in ihren Romanen, Prosaminiaturen, Gedichten und Essays um. Es ist faszinierend, mitzuvollziehen, wie sich ein Gedanke oder eine sinnliche Wahrnehmung aus einem kleinen, von ihr genau beobachteten Detail heraus entfaltet, und wie es ihr gelingt, das Poetische mit dem Politischen zu verbinden. Für sie, die vom rumänischen Geheimdienst drangsaliert und verhört, von der Zensurbehörde vergeblich eingeschüchtert, aber sehr wohl mit Publikationsverbot belegt wurde, ist es wichtig, als Zeitgenossin auf politische Entwicklungen zu reagieren.

Dass ihr 350 Seiten langes Prosagedicht Lebt wohl, Ihr Genossen und Geliebten 2018 auf die Longlist für den Deutschen Buchpreis kam, war eine große Anerkennung für sie wie auch für ihre engagierte, deutsch-amerikanische Verlegerin Catharine Nicely. Für den Verlag Palm Art Press wurden inzwischen mehrere Bücher von Banciu ins Englische übersetzt; darunter Vaterflucht / Fleeing Father und Das Lied der traurigen Mutter / Mother’s Day – Song of a Sad Mother. Beide Romane sind Teil einer Trilogie, in der die Autorin familiäre und politische Lebenslügen bloßlegt.

Zahlreiche Auszeichnungen, Workshops und Arbeitsstipendien haben Carmen Francesca Banciu immer wieder in die USA und nach Großbritannien geführt. Mit dem spanischen Theaterkollektiv „La Conquesta del Pol Sud“ erarbeitete sie eine Bühnenfassung ihres Romans Ein Land voller Helden. Sie verbindet darin den Zusammenbruch des Ceaucescu-Regimes mit Fragen nach der Neuausrichtung Europas. A Land full of Heroes wurde 2019 mit großem Erfolg in Birmingham gefeiert. Die Pandemie durchkreuzte die in Frankreich geplante Aufführungstour.

Von März bis Juni 2021 war Carmen Francesca Banciu als Stipendiatin zu Gast in Wewelsfleth. Das kleine Dorf liegt 70 km nördlich von Hamburg. Anfang der 1970er Jahre hatte Günter Grass dort ein über 300 Jahre altes Haus gekauft. Das reich verzierte Fachwerkgebäude sollte abgerissen werden, um Platz für einen Parkplatz zu machen – direkt neben dem alten, im 16. Jahrhundert angelegten Friedhof. Mit dem Kauf durchkreuzte Grass die Pläne. Er zog von Berlin nach Wewelsfleth und blieb mit seiner Familie ein Jahrzehnt lang in dem inzwischen denkmalgeschützten Haus. 1985 gründete er die Stiftung Alfred-Döblin-Haus, die es Schriftsteller*innen ermöglicht, in Wewelsfleth zu arbeiten.

Einer der Räume, die Carmen Francesca Banciu dort zur Verfügung gestellt wurden, war das Arbeitszimmer von Günter Grass. Sein monumentales Epos Der Butt wurde dort geschrieben. Es lag nahe, dass die Autorin ein inneres Zwiegespräch mit Grass begann – über das Schreiben, den Feminismus, die Lust am Kochen. Den berühmten ersten Satz aus Der Butt holt sie in die Gegenwart. Das Buch, das in Wewelsfleth begonnen wurde und im Frühjahr 2022 bei Palm Art Press erscheinen wird, soll den Titel Ilsebill salzt nach tragen.

Wir haben Carmen Francesca Banciu im Alfred-Döblin-Haus besucht. Für uns hat sie dort entstandene Prosastücke und ein Gedicht gelesen.

 

Carmen Francesca Banciu: Fleeing Father, Palm Art Press, Berlin 2021

Vaterflucht, Palm Art Press, Berlin 2021

Lebt wohl, Ihr Genossen und Geliebten, Palm Art Press, Berlin 2018

Light Breeze in Paradise, Englisch/Griechisch, Palm Art Press, Berlin 2017

Berlin ist mein Paris. Geschichten aus der Hauptstadt. Neuauflage. Palm Art Press, Berlin 2017

Filuteks Handbuch der Fragen. Erzählungen. Neuauflage. Palm Art Press, Berlin 2017

Fenster in Flammen. Roman. Palm Art Press, Berlin 2015

Mother’s Day. Song of a Sad Mother. Palm Art Press, Berlin 2015

Leichter Wind im Paradies. Roman. Palm Art Press, Berlin 2015

Vaterflucht. Roman. Rotbuch, Berlin 2009

 

Coup de cœur:

Beate Dölling: Ab in die Rakete. Zeichnungen von Tine Schulz. 192 Seiten. Tulipan Verlag, München 2021

Mehr Information zu Beate Döllings Büchern, Leseterminen und Schreibwerkstätten findet man auf ihrer homepage:  www.beatedoelling.com

Susie Morgenstern: Mes dix huit exils, Iconoclaste, Paris, 2021, 245 pages

 

 

 

 

Folge 07: „Rom war alles für ihn“. Hans von Trotha über den vergessenen Archäologen und Kunstsammler Ludwig Pollak

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Folge 07: „Rom war alles für ihn“. Hans von Trotha über den vergessenen Archäologen und Kunstsammler Ludwig Pollak
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Der in Prag geborene Ludwig Pollak (1868 – 1943) war Archäologe und als Antiken-Kenner hochgeschätzt. Weil ihm als Jude die Lehre an Universitäten verwehrt wurde, begann er Expertisen für Museen und Sammler zu fertigen und mit Kunst zu handeln. Den Kindheitstraum, in Rom zu leben, erfüllte er sich zu einer Zeit, in der die Stadt erweitert und regelrecht umgepflügt wurde. Der Antikenhandel blühte. Das Museo Barracco machte Ludwig Pollak zu seinem Ehrendirektor, das Deutsche Archäologische Institut ernannte ihn zum Ehrenmitglied. Künstler und Museumskuratoren aus ganz Europa suchten seine Gesellschaft, seinen Rat.

Am 16. Oktober 1943 führte die SS unter der Leitung von Theodor Dannecker, einem engen Mitarbeiter von Adolf Eichmann, eine Razzia in Rom durch. Der Plan war durchgestochen worden und es gelang, jüdische Nachbarn zu verstecken oder ihnen zur Flucht zu verhelfen. Mehr als 1000 Mitglieder der Gemeinde, darunter Ludwig Pollak, seine Ehefrau und seine zwei Kinder, wurden aus ihren Wohnungen abgeführt und zwei Tage später nach Auschwitz deportiert. Die Familie Pollak hätte im Vatikan Schutz finden können, doch der damals 75 Jahre alte Mann hatte das Angebot ausgeschlagen. Warum?

Der Schriftsteller Hans von Trotha sucht in seinem Roman, dem er die Form eines fiktiven Gesprächs gegeben hat, nach Gründen für die bedrückende, tragische Entscheidung. Er imaginiert, was der erschöpfte alte Mann demjenigen, der ihn und die Familie in Sicherheit bringen sollte, zu sagen hatte. Und lässt Pollak vom Anbruch des Abends bis in die frühen Morgenstunden des schicksalhaften 16. Oktobers erzählen. Freundschaften, glückliche Entdeckungen und bittere Demütigungen, Geschichten von Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen ergeben ein sehr komplexes, sprachlich wunderbar verdichtetes Charakterbild. 

Verbunden bleibt Pollaks Name auch mit einem für die Kunstgeschichte bedeutenden Fund: 1903 hatte der Sammler bei einem Spaziergang den seit 400 Jahren vermissten, frisch aus der Erde gezogenen rechten Arm des Laokoon bei einem Marmorbruchhändler gefunden. Kaum eine Skulptur der Antike ist besser erforscht als die Laokoon-Gruppe. Und „Pollaks Arm“ ermöglichte eine neue Deutung. 1906 vermachte er sie den Vatikanischen Museen.

 

Hans von Trotha: Pollaks Arm, 144 Seiten, Verlag Klaus Wagenbach, SALTO, Berlin 2021

Die englische Übersetzung des Romans erscheint im Februar 2022 bei New Vessel Press, New York. Zwei Stimmen zu Pollak’s Arm:

„Hans von Trotha has composed a small jewel of a novel. Set as the Holocaust reaches Rome in October 1943, it quietly evokes an archaeologist’s reflections on a European life of scholarship and art. The result is physical death for him and his family. Yet this book offers vivid testimony of his words and actions in defense of humane culture against barbarism.“

—R.J.B. Bosworth, author of Mussolini and The Oxford Handbook of Fascism

 

„This intense and exciting book brings back to life the voice of Ludwig Pollak who, when confronted with Nazi-occupied Rome’s grim reality, powerfully conveys a taste for collecting, the pleasure of erudition, and an unshakeable faith in culture. This period of European history – remarkably captured here by Hans von Trotha – still has much to tell us.“

—Salvatore Settis, chairman of the Louvre Museum Scientific Council and author of Laocoön and If Venice Dies

 

Weitere Bücher von Hans von Trotha (Auswahl):

Die große Illusion. Ein Schloss, eine Fassade und ein Traum von Preußen, Berenberg, Berlin 2021

A Sentimental Journey. Laurence Sterne in Shandy Hall, Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2018

Czernin oder wie ich lernte, den Ersten Weltkrieg zu verstehen. Roman, Nicolai Verlag, Berlin 2013

Der englische Garten. Eine Reise durch seine Geschichte. 144 Seiten. Verlag Klaus Wagenbach. SALTO. 2021

 

Coup de cœur

Delphine Horvilleur: Vivre avec nos morts, Éditions Grasset, Paris 2021

Die deutsche Übersetzung erscheint 2022 im C. Hanser Verlag

 

Folge 06: „Es ist nicht einfach, in Frankreich jung zu sein“. Besuch der Autorin Marion Messina in Leipzig

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Folge 06: „Es ist nicht einfach, in Frankreich jung zu sein“. Besuch der Autorin Marion Messina in Leipzig
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Seit ein paar Monaten lebt Marion Messina mit ihrem Partner und zwei Kindern in Leipzig. Eine Französin aus Dresden hatte ihren Debütroman Fehlstart sehr gemocht und sich bei der Stiftung „Hommage à la France“ für eine Einladung der jungen Autorin eingesetzt. Marion Messina fühlt sich wohl in der überschaubaren Stadt. Sie macht ein Praktikum am Institut Français, lernt Deutsch, arbeitet an einem zweiten Roman und plant, in der Literaturwissenschaft zu promovieren.

Ihr Sprechtempo ist rasant. Sie hält mit nichts zurück. Antwortet humorvoll und empathisch, urteilt schneidend klar, wenn sie die Kluft zwischen den offiziellen Reden und der Lebenswirklichkeit der mittelständischen und unteren Klassen in Frankreich beschreibt. Sie ist in Grenoble aufgewachsen, in einer Arbeitergegend. „Netzwerken, bestimmte Orte aufsuchen, Leuten die Hand schütteln, sich nach vorn drängen, seine eigene Person immer gut verkaufen“ gehört für sie zum „Ethos des Bürgertums“ – „und die Kinder aus den unteren Volksschichten wissen nicht, wie das geht“.

Marion Messina weiß, von welchen Zwängen sie spricht, und deshalb hatte ihr Roman in Frankreich wie in Deutschland großen Erfolg. Fehlstart drückt, oft drastisch, die Gefühlslage von jungen Menschen aus, die in den frühen 1990er Jahren geboren wurden. Sie fühlen sich ausgeschlossen und an den Rand gedrängt. Sie finden nur miese Jobs und miserable Unterkünfte. Die Protagonistin des Romans verabschiedet sich von dem Wunsch, in Paris ein Bein auf die Erde zu bekommen. Die Lösung, sagt Marion Messina, sei nicht, sich völlig zu verausgaben, um von einem System akzeptiert zu werden, das von Anfang an keinen Platz für einen vorsehe. „Die Lösung lautet auszusteigen.“

Kein Zweifel: Die Autorin kennt keine Scheu, sich auf unbekanntes Terrain vorzuwagen. Keine Berührungsängste und keinen Dünkel zu haben, das ist ganz klar eine Lebensvorteil. „Wenn man mir morgen sagen würde, Du musst jetzt, um dein Essen bezahlen zu können, in den Karosseriebau, dann würde ich ohne groß nachzudenken, einen Abschluss in Karosseriebau machen. Ich habe immer gedacht, dass ich egal was für einen Job annähme, Hauptsache, mir bleibt noch Zeit zu schreiben. Das gibt mir Freiheit.“

 

Marion Messina: Fehlstart. Roman. Aus dem Französischen von Claudia Steinitz. Carl Hanser Verlag, München 2020. Demnächst auch als Taschenbuch.

Coup de cœur

Émilia Roig: Why We Matter. Das Ende der Unterdrückung. Aufbau Verlag, Berlin 2021

 

 

Folge 05: Stern 111 – Im Kieferngewölbe – Zu Besuch bei Lutz Seiler

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Folge 05: Stern 111 - Im Kieferngewölbe - Zu Besuch bei Lutz Seiler
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Stern 111 – Im Kieferngewölbe – Zu Besuch bei Lutz Seiler

Der Lyriker und Romancier Lutz Seiler pendelt zwischen Stockholm und Wilhelmshorst bei Potsdam. Wir haben ihn in der Mittelmark besucht, im Haus des Dichters Peter Huchel. Huchels Witwe hat das kiefernumstandene Landhaus einem Verein vererbt, der mit Ausstellungen an das Schaffen und Leben ihres jahrzehntelang von der Stasi beobachteten Mannes erinnert und Autor*innen zu Lesungen einlädt.

Im Zentrum unseres Gesprächs mit Lutz Seiler steht sein Roman Stern 111, aus dem er zwei Passagen liest. Das Buch wurde 2020 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. Im Januar 2022 erscheint die französische Übersetzung im Verlag Verdier.

Bald 30 Jahre, so Lutz Seiler, mussten vergehen, um sich mit frischem Blick an die Zeit des Umbruchs von 1989 zu erinnern. Wie viele andere auch war er müde von den Beschreibungen der „Wende“-Geschichte und dem indirekten „Euphorie-Befehl“. Lutz Seiler ist in das Zimmer zurückgekehrt, das er im Spätherbst ‚89 in einem besetzten Haus im Prenzlauer Berg bewohnte; er hat die spielerische Energie wachgerufen, die junge Menschen damals in Ost-Berlin befeuertek, ihr Ding zu machen – z.B. ein Arbeiter-Kellercafé zu eröffnen. Zur Stammkundschaft der „Assel“ zählten auch die plötzlich in der Oranienburger Straße anschaffenden Prostituierten.

Seilers Romanheld Carl Bischof, Mitte 20, gelernter Maurer, hat ein Studium abgebrochen und träumt von einer poetischen Existenz. Seine Eltern sind kurz nach dem Fall der Mauer, ausgerüstet mit Wanderrucksäcken und einem Akkordeon, aus Thüringen nach Westdeutschland migriert. Und von dort setzten sie zu einem noch viel größeren Sprung an. Als Carl seine Eltern in Kalifornien besucht, begreift er, dass sie „andere Menschen jenseits von Elternschaft sind“ und dass er lernen muss, „ein eigener Mensch in dieser Welt zu sein“. 

Und Stern 111 – was ist das? Ein Kofferradio aus dem Stern-Werk Berlin. Die erste große Anschaffung der Familie Seiler. Das Radio ist das „synthetisierende Motiv“, unter dem die kleine, auseinanderstrebende Familie wieder zusammenfindet.

Nach dem Roman Stern 111 hat Lutz Seiler Gedichte geschrieben, die im August bei Suhrkamp als Buch erscheinen werden. Für uns hat er aus dem noch unveröffentlichten Band schrift für blinde riesen das Gedicht Hubertusweg gelesen und über die „konzentrierte Abwesenheit“ gesprochen, die es braucht, um „an der Realität vorbei auf ein starkes Bild zuzugreifen“.

 

Lutz Seiler: Stern 111. Roman. 528 S., Suhrkamp Verlag, Berlin 2020

Lutz Seiler: Kruso. Roman. 480 S., Suhrkamp Verlag, Berlin 2015

Lutz Seiler: schrift für blinde riesen. Gedichte. 120 S., Suhrkamp Verlag, Berlin (EÖ: 16.08.2021)

Coup de cœur:

Violette Leduc: Thérèse und Isabelle. Übersetzt von Sina de Malafosse. Roman. 169 S., Aufbau Verlag, Berlin, Mai 2021

 

 

Folge 04: Von der Großen Hamburger zum Berliner Ensemble

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Folge 04: Von der Großen Hamburger zum Berliner Ensemble
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Von der Großen Hamburger zum Berliner Ensemble

Wege mit Irina Liebmann und Pedro Kadivar

Die Schriftstellerin Irina Liebmann hat ein waches Auge für die Spuren, die die Zeitläufte im Leben von Menschen wie auch in Gebäuden, Straßen und Plätzen hinterlassen haben. Anfang der 1980er Jahre begann sie, die Geschichte der Großen Hamburger Straße zu rekonstruieren – im Gespräch mit Anwohnern, von denen einige zu Freunden wurden, in Archiven und mithilfe von Straßenplänen und Adressbüchern. Aus alten Tagebüchern und Notizen zu zitieren erschien ihr sinnlos. Historische Fakten, erzählte Geschichte und autobiographisches Material fließen zusammen. Entstanden ist ein romanhafter Text, der empathisch, manchmal ironisch und oft auf eine angenehm lakonische Art Vergangenes wachruft.

Die Große Hamburger Straße war im 18. Jahrhundert eine Stadtrandgegend, in der Juden, Protestanten und Katholiken ihre Toten beerdigten. Irina Liebmann erzählt auch von den Wirren im Mai 1945. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fanden auf dem von den Nationalsozialisten zerstörten Jüdischen Friedhof Massenbegräbnisse statt. Heute ist der Friedhof ein kleiner Park und Gedenkort. Irina Liebmann hatte an vielen Türen benachbarter Häuser geklingelt und Anwohner um Zeugnis gebeten. Doch meist wurden die Türen zugeknallt. Die Menschen, die dabei waren, sagt die Autorin, hätten Angst gehabt, beschuldigt zu werden. Und es sei einfach so, dass man mit einer Zeitverschiebung nicht mehr gerecht sein könne. „In einer anderen Zeit sieht alles anders aus.“

Pedro Kadivar haben wir am Bertolt-Brecht-Platz vor dem Berliner Ensemble getroffen. Dort ist er 1992 dem Dramatiker Heiner Müller begegnet, im Kopf den Wunsch, Müllers Prosatext Todesanzeige in Paris zu inszenieren. Pedro Kadivar war sechzehn, als er aus Iran nach Frankreich immigrierte. Er promovierte über Marcel Proust, er schreibt Theaterstücke, er unterrichtet und führt Regie an französischen und deutschen Bühnen.

Berlin ist inzwischen sein ständiger Wohnort. An der Stadt gefällt ihm, dass sie all jene aufnimmt, die das Leben lieben, aber nicht unbedingt wissen, was genau sie mit ihrem eigenen Leben anfangen sollen oder können. In seiner Erzählung Das kleine Buch der Migrationen schreibt er, Berlin mache Mut, sich ins Gesicht zu schauen, während einem der Boden unter den Füßen wegrutsche.

Als der Theatermacher 1983 in Frankreich ankam, hörte er schnell auf, Farsi zu sprechen. Er machte einen harten Schnitt. In dem vertrauten wie fremden Ort Berlin und beim Erlernen der neuen Sprache Deutsch begriff er, dass Französisch und Farsi durchaus in ihm koexistieren können. „Literatur“, sagte Pedro Kadivar, „ist eine Fortbewegung in der Sprache selbst“. Literatur und Migration gehören zusammen.

Irina Liebmann: Die Große Hamburger Straße. Roman. Schöffling & Co. Frankfurt a/M. 2020

Das Lied vom Hackeschen Markt. Drei politische Poeme. Hanani Verlag, Berlin 2012

Stille Mitte von Berlin. Essay und Fotografien. Nicolai, Berlin 2002

In Berlin. Roman. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1994

Berliner Mietshaus. Dokumentarische Erzählungen. Mitteldeutscher Verlag, Halle/Saale/Leipzig 1982.

Pedro Kadivar: Kleines Buch der Migrationen. Aus dem Französischen von Gernot Krämer. Sujet-Verlag, Bremen 2017

Coup de cœur:

Nils Trede: Richtung Süden. Roman. Secession Verlag für Literatur, Berlin 2021

Folge 03: Berlin bewegt sich schneller, als ich schreibe

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Folge 03: Berlin bewegt sich schneller, als ich schreibe
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„In Berlin muss man sein Leben neu erfinden“

Als Julien Santoni dies begreift, söhnt er sich aus mit der Hässlichkeit und der Vulgarität der Stadt. Man kann es schließlich mögen, dass Berlin, wie der Philosoph Michel Fœssel bemerkt, „nach nichts aussehen“ will. Die Stadt, „in der man nicht flaniert“, ist durch keine Mauer mehr geteilt, dennoch nehmen die jüngeren zugereisten Schriftsteller*innen und Journalist*innen ebenso wie die Zeitzeugen Edgar Morin und Claude Lanzmann – sie erinnern Berlin noch in Trümmern – die Mentalitätsunterschiede zwischen Ost und West deutlich wahr. Es zieht sie hin zur östlichen Mitte.

So oder so, wer Frankreich für Berlin verlässt, sucht bis heute etwas anderes als Schönheit und erwartet wenig Anstand. Für die in Valence aufgewachsene, von einer Karriere als Rocksängerin träumende, jugendliche Kits Hilaire war der Aufbruch nach Kreuzberg eine existenzielle Lebensentscheidung. Wer nicht in der „ranzigen“ französischen Provinz verkümmern und sterben wollte, suchte diffuses Licht in „schwarzen Innenhöfen“ mit zugemauerten Fenstern. Berlin war Punk. Seit den 1990er Jahren verbürgerlicht die Stadt kontinuierlich. Das Unfertige, Disparate, das Aus-der-Zeit-Gefallensein mancher Stadträume  schwindet.

„Starkes Empfinden der Verluste, der Irrungen, der Verschwendungen“, notiert Christian Prigent. Er ist einer von 22 Autor*innen, die abseits der ausgetretenen Pfade dem nachspüren, was einen in Berlin nicht zur Ruhe kommen und was uns „den Geruch von Menschheit schnuppern lässt“.

Margarete Zimmermann erzählt uns, wie französische Autor*innen sich im neuen (und „alten“) Berlin bewegen und die Stadt als Laborraum für neue Lebensformen genutzt haben. Wir lesen kurze Auszüge aus Texten von Julien Santoni, Michèle Métail und Kits Hilaire.

Dorothee Risse & Margarete Zimmermann (Hg.): « Berlin bewegt sich schneller, als ich schreibe. Das Neue Berlin aus französischer Sicht », 206 Seiten. Kulturverlag Kadmos, Berlin 2020

Margarete Zimmermann (Hg.): „Ach, wie gût schmeckt mir Berlin. Französische Passanten im Berlin der zwanziger und frühen dreißiger Jahre ». 292 Seiten. Das Arsenal Verlag für Kultur und Politik, Berlin 2010

Coup de cœur : Elisa Diallo  « Französisch verlernen ». Aus dem Französischen von Isabel Kupski. 160 Seiten. Berenberg Verlag, Berlin 2021

Bibliographie Berlin-Anthologie

  • Hélène Bezençon, Berlin, mémoire pendant les travaux. Éditions de l’Éclat: Paris 2008.
  • François Bon, „Berlin, l’île sans mur“, in: net, url:http://www.desordre.net/photographie/berlin/ile_sans_mur.htm.
  • Philippe Braz, Berlin-loin-de-la-mer. Bruit des autres: Limoges 2007.
  • Jean-Yves Cendrey, Honecker 21, Actes Sud: Arles 2009.
  • Jean-Yves Cendrey, Schproum: Roman avorté et récit de mon Mal, Actes Sud: Arles 2013.
  • Oscar Coop-Phane, Demain Berlin. Finitude Éditions: Bordeaux 2013. Übers. von Christian Kolb: Bonjour Berlin, Metrolit: Berlin 2014.
  • Éric Faye, MesTrains de nuit. Stock: Paris 2005.
  • Michaël Fœssel, „Berlin : Voyage aux marges du capitalisme contemporain.“, in: Esprit, vol. 11 (2011), S. 114-126.
  • Kits Hilaire, Berlin, dernière; Flammarion: Paris 1990; ré-édition: Après la Lune: Paris 2019; Berlin – letzte Vorstellung. Abschied von Kreuzberg. Übers. von Barbara Traber. Erpf: Bern 1991.
  • Claude Lanzmann, Le lièvre de Patagonie, Gallimard: Paris 2009; Der patagonische Hase. Übers. von Barbara Heber-Schärer, Erich Wolfgang Skwara und Claudia Steinitz, Rowohlt: Reinbek 2010.
  • Abel Lefranc & Anaëlle Vanel, „Il ne se passera plus rien ici…“, in: Métamorphoses. Les Cahiers de l’École de Blois, numéro 16, 2018, s.p.
  • Michèle Métail, Erfahrungsräume – Configurations de l’expérience, hg. von Kerstin Hausbel/Franck Hofmann/Nicolas Hubé/Jens E. Sennewald, W. Fink: München 2006.
  • Patrick Modiano, L’Horizon, Gallimard: Paris 2010 ; Der Horizont. Übers. von Elisabeth Edl, Carl Hanser: München 2013.
  • Edgar Morin, Mes Berlin 1945-2013, Cherche-Midi: Paris 2013.
  • Serge Mouraret, Carnets d’amour et de haine, L’Harmattan: Paris 2002.
  • Marie NDiaye / Claudia Kalscheuer (Übersetzung): Y penser sans cesse. Unablässig daran denken. Éditions de l’Arbre Vengeur: Talence 2011.
  • Marie NDiaye, Ladivine, Paris: Gallimard; Übers. von Claudia Kalscheuer, Ladivine, Suhrkamp: Frankfurt a.M. 2015.
  • Christian Prigent, Deux temps trois mouvements. Zulma: Cadeilhan 1999; Neuausgabe: Berlin sera peut-être un jour, La ville brûle : Montreuil 2015.
  • Serge Clément (photos) / Régine Robin (texte): Sutures (Berlin 2000-2003). Éditions des 400 coups: Montréal 2003.
  • Julien Santoni, Berlin trafic, Grasset: Paris 2007.
  • Emmanuel Terray, Ombres berlinoises. Voyage dans une autre Allemagne. Odile Jacob: Paris 1996.
  • Jean-Philippe Toussaint, La Télévision, Minuit: Paris 1997; Fernsehen. Übers. von Bernd Schwibs. Frankfurter Verlags-Anstalt: Frankfurt (Main) 2008.
  • Cécile Wajsbrot, Fugue. Avec des photos de Brigitte Bauer, L’Estuaire, Paris2005
  • Cécile Wajsbrot, Berliner Ensemble, La ville brûle : Montreuil 2015

Folge 02: Anne Weber & Frédéric Ciriez

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Folge 02: Anne Weber & Frédéric Ciriez
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Folge 2: Eine Heldin wider Willen und ein Denker der Entfremdung

Wir haben in dieser Episode mit der Schriftstellerin Anne Weber über ihr 2020 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnetes Werk Annette, ein Heldinnenepos gesprochen und mit Frédéric Ciriez über seine graphic novel Frantz Fanon.

Anne Beaumanoir, genannt Annette, und Frantz Fanon waren 17, als sie begannen, sich gegen die deutsche Besatzung Frankreichs zu engagieren. Sie kam aus der Bretagne, er aus Martinique. Beide haben nach dem Zweiten Weltkrieg Medizin studiert und nach 1954 für die Unabhängigkeit Algeriens gekämpft: als „Kofferträgerin“, als Botschafter der algerischen Untergrundregierung und in Krankenhäusern. Frantz Fanon erlebte die Unabhängigkeit Algeriens nicht mehr. Er starb mit 36 Jahren an Leukämie, wenige Tage nach dem Erscheinen seiner weltberühmt gewordenen Kampfschrift Die Verdammten dieser Erde, für die Jean-Paul Sartre das Vorwort geschrieben hatte. Anne Beaumanoir ist 97 Jahre alt und lebt in Südfrankreich.

Wir zitieren aus dem am 20. Januar 2021 veröffentlichten Bericht des Historikers Benjamin Stora zu Formen künftiger Erinnerung an die französische Kolonialzeit und den Krieg in Algerien.

Unser coup de cœur geht an Isabelle Azoulays Buch De Gaulle und ich, Elfenbein Verlag, Berlin 2008.

Folge 01: Camille de Toledo: Thésée, sa vie nouvelle

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Folge 01: Camille de Toledo: Thésée, sa vie nouvelle
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„Theseus passt in unsere Zeit“
 
Mit seinem Roman Thésee, sa vie nouvelle gelangte Camille de Toledo in die Endauswahl für den Prix Goncourt 2020. Wir haben den Schriftsteller, der seit 2010 in Berlin lebt, besucht und mit ihm über den Mythos des Königs von Athen, Theseus, gesprochen. Auch darüber, warum es für ihn wichtig war, Paris zu verlassen und in ein Land zu ziehen, dessen Sprache er anfangs nicht verstand. Und wir haben erfahren, was die drei Kartons, die er mitnahm in sein Exil, bewirkten. “Du, mein Bruder, sag mir / Wer begeht den Mord an einem Menschen, der sich umbringt?”.  Mit dieser Frage beginnt Camille de Toledos Buch, das Schlaglichter auf persönliche Dramen wie auch die französische und die europäische Geschichte wirft. Karin Uttendörfer wird Thésee, sa vie nouvelle für den Luchterhand Verlag ins Deutsche übersetzen.
 

Camille de Toledo: Thésée, sa vie nouvelle. Collection jaune. 256 p. 18,50€, ISBN : 978-2-37856-077-5. Editions Verdier, Paris août 2020

Et le coup de Coeur de notre premier épisode:
Robert Bober: Par instants, la vie n’est pas sûre. 352 p., 21,90€, ISBN:978-2-8180-5148-1. P.O.L., Paris octobre 2020